“Lord Marcelus, ich habe nicht mehr viel Munition.”, meldete sich ein kampflustiger Decimus über seinen Kommunikator. Der Lord Commander stürmte weiter durch das Labyrinth aus G?ngen - ohne zu antworten. Es fühlte sich mittlerweile schon wie ein Fangspiel an. Bei jeder Ecke warteten mehr Abtrünnige, doch sobald sie ihn sahen, verschwanden sie tiefer in das Schiff. “Das muss doch eine Falle sein.”, dachte er sich. Obwohl er sich dieser Erkenntnis sicher war, konnte er nicht aufh?ren. Der Zorn hatte ihn gepackt. Selbst das Rennen geschah von alleine. Er schwang sein Schwert weiter. Mit jedem bisschen vergossenem Blut wurde er weiter gefesselt in seiner Gewalt. Massive Geschosse - eigentlich zur Abwehr von Panzern gedacht - flogen auf die Custodes zu. Die Aufschl?ge lie?en sie kurz ins Stolpern bringen, doch das Ceramit hielt stand. Eine Granate explodierte neben Decimus - Splitter zerrissen die Luft - und der Servomotor an seinem rechten Bein wurde besch?digt. Trotz hinkendem Bein war seine Geschwindigkeit der eines normalen Menschen weit überlegen. Als Marcelus die n?chste Barrikade überwunden und die Aufst?ndischen dahinter massakriert hatte, blickte er zu Decimus. Vor ihnen lag kein Gang mehr, sondern ein gro?es Tor. “Dahinter sollte die Ordens-Kathedrale liegen. Pass auf uns wird sicher jemand oder etwas erwarten.” Decimus nickte ihm nur zu. Sie n?herten sich dem Tor. Seine aufwendigen Verzierungen waren von Kratzern und Rissen entehrt worden. Gleich würden sie in eine einst heilige Kathedrale des Ordo Reliciam treten. Einen solchen Ort mit Waffen jeglicher Art - ausgenommen Ritualdolche - zu begehen, war eine der h?chsten Sünden für jeden Gl?ubigen im Imperium. Der Lord Commander atmete tief – beide Herzen h?mmerten in seiner Brust. Er wusste es. Er konnte das Gefühl nicht unterdrücken. Er war sich sicher, dass es ein Fehler gewesen war hier herzukommen. Er wandte seinen Blick ein letztes Mal zu seiner Seite. Er blickte Decimus durch seine roten Linsen. Dann brach er das Tor mit einem lauten Knall auf. Wie erwartet befanden sie sich nun in einer gro?en Halle. riesige S?ulen, wie ihn Marcelus Thronsaal, doch diese waren noch mit Reliefs versehen. Kugeln dampften noch auf dem Altar. Die Kerzen brannten. Ein lebendiges Haus, doch wo waren seine Bewohner? Marcelus griff nach seiner Laserpistole. Das Leuchten der Kühlungsst?be h?tte das Sehen in der Dunkelheit vereinfacht, doch die Helme ihrer Rüstungen waren schon mit Nachtsichtger?ten ausgestattet. Decimus kontrollierte auf einer Anzeige seinen derzeitigen Patronen-Vorrat. Es war nicht mehr viel übrig. In dem Moment spürte Marcelus eine unnatürliche K?lte. Seine Sicht wurde gest?rt. Für einen Augenblick waren seine Sinne blockiert und das war alles, was sie brauchten. Ein heller Strahl an konzentrierter Energie zog durch die Kathedrale. Metall schmolz, Haut verbrannte. Als er wieder nach unten blickte, war ein Teil seines Unterarms abgerissen worden. Bevor er sich überhaupt erholen konnte, aktivierte sich das Lebenserhaltungssystem seiner Rüstung. Eine Dosis Oncorex wurde in das umliegende Gewebe gespritzt. Zellen begannen zu wuchern und die klaffende Wunde schloss sich schleunigst wieder. Der Lord Commander suchte nach dem Kampf, doch seine Sinne konnten ihn davon abhalten, weiter blind sich in den Tod zu stürzen. Die Custodes gingen hinter den tragenden S?ulen in Deckung. Marcelus versuchte über seinen Kommunikator mit der Eisernen Zorn in Kontakt zu kommen, allerdings unterbrach irgendetwas die Verbindung. Decimus feuerte seine letzten Patronen in die Richtung der Angreifer - ohne Wirkung. Ein greller Plasmastrahl zerschnitt die Luft. Die marmorne S?ule hielt stand, zur überraschung aller. Das flackernde Licht tanzte über die düster getr?nkte Halle. Sie waren gefangen. Marcelus suchte vergebens nach einem Ausweg. Als er zu seiner Rechten blickte, erkannte er, dass etwas mit Decimus nicht stimmte. Er zuckte - nicht wegen seiner Kampfeslust. Eine dunkle Pr?senz benebelte seinen Verstand, er konnte es spüren. Er rang mit sich mit seinen Gedanken. Seine Erinnerungen penetrierten seine Hirnhaut wie tiefe, schwarze Nadeln. Allm?hlich verfiel er dem Wahnsinn. Marcelus beobachtete alles. Er hatte schon vieles gesehen, doch ein Custos, der sich so derma?en in einem Kampf verlor - etwas Abnormales ging hier vor sich. Er hatte dieses Gefühl eines dunklen Schattens, der sich über sie legte, schon vorher wahrgenommen. Er hielt es nicht mehr aus. Decimus warf sich hinter der Deckung hervor - rote Augen, aufgequollene Adern, Schaum am Mund. Doch es dauerte nicht lange für ihn, um seine Erl?sung zu bekommen. Ein weiterer Schuss durchbrach die Finsternis. Die schw?cher gepanzerte Verbindungsstelle am Hals zerbarst. Für einen Augenblick konnte er die kühle Luft im Inneren seiner Hauptschlagader verspüren. Er stolperte. Die Wunde begann sich schnell zu schlie?en, doch es war zu sp?t. Seine Lungen hatten sich mit Blut angesaugt. Er hustete. Decimus h?rte auf zu atmen, da er wusste, dass er ersticken würde. Er fiel. Der laute Knall seines Aufpralls hallte durch das ganze Wrack. Der kunstvolle Boden zersplitterte unter seinem Gewicht. Dies waren seine letzten Momente - das war ihm bewusst. Wenigstens wurde er nicht mehr geplagt. Er war befreit. Doch eine finale Tat hatte er noch zu erbringen - im Namen der Pflicht. Marcelus warf ihm seine Laserpistole zu. Direkt vor Decimus ragte das ovale Rohr der Plasmakanone auf. Er blickte in seinen Tod und spuckte ihm ins Gesicht. Die Schüsse l?sten sich. Zwei leuchtende Energiestrahlen tanzen umeinander und vorbei. Decimus linke Kopfh?lfte wurde abgerissen - die Augenlinsen brachen als erstes, bevor das dünne Ceramit folgte. Marcelus sprang aus der Deckung. Ungeachtet der Gefahr, rannte er zu seinem sterbenden Bruder. Dieser keuchte ersch?pft vor sich hin. Sein Fleisch brannte an manchen Stellen noch. Er sah ihn mit einem müden Auge an, das sagte: “Bitte beende mein Leid. Bring mir die Erl?sung.” Marcelus konnte sich nicht dazu bringen, einen Freund zu t?ten. Er legte seinen Kopf in den Nacken und atmete. Er genoss die Ruhe. Doch auch sie brach. Das hallende Echo st?rte die Stille. Leichte Schritte, gefolgt von einem Holzstab, der laut auf den Boden schlug. Der Lord Commander wandte sich um. Dort sah er ihn - gehüllt eine lange schwarze Robe. Talismane, die auf groteske Weise versuchten, die Kr?nze des Ordo Reliciam zu imitieren, hingen von seinem runzeligen Hals. Graue, verkommene Haut überzog seine gebrechlichen H?nde. Ein kleiner Kristall in der Spitze seines Stabes gab ein helles Licht von sich. Zuerst wei?, dann bl?ulich, bevor es schlie?lich auf einem Blutrot blieb. Der Schaman begann, finstere Hymnen anzustimmen, doch Marcelus verlor keine Zeit. Er stürmte nach vorne - Invictus folgte in einem hohen Bogen. Jedoch folgte kein Aufschlag. schwarze Blitze entrissen ihm seine Waffe und lie?en ihm Schmerzen. Er holte abermals aus. Sein K?rper erstarrte – eingefroren in einem Moment, der nicht verging. Er wollte sich wehren, doch Dunkelheit raubte ihm die Sicht. Sein Verstand glitt weg an einen anderen, sicheren Ort. An einen Punkt, der weit in der Vergangenheit lag.
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Die grelle Abendsonne tauchte das umliegende Land in ein tiefes Rot. Die gr?ulichen Zinnen erg?tzten sich unter dem Blut, was sie bedeckte. Glocken ert?nten. Pilger aus der ganzen Galaxie sangen Loblieder. Hier - in der heiligen Stadt. Marcelus stand am Gel?nder und genoss die warme Luft. Es war so ruhig, so fern von Krieg. Seine F?uste waren geballt in Frust. “Hüte dich.”, erklang eine angenehme Stimme hinter ihm. Er wandte sich seiner V?terlichkeit zu. Der Mann war wie er und auch nicht. Seine langen Haare waren silbern, seine Wangen ein wenig eingefallen und doch hatte er einen stolzen Blick. “Hüte dich vor deinem Zorn, Titian.”, bes?nftigte ihn sein Meister. Marcelus blickte in seine Rüstung und erkannte sein jugendliches Abbildnis. Er begriff nun, dass das, was er sah, nur ein Traum war, eine Erinnerung. Die Person, die vor ihm stand, war Lucen Gabriel, der erste Lord Commander der zweiten Legion. Seine gelben Ceramitplatten waren mit Heraldik und anderen Verzierungen versehen. Gabriel kam n?her. Die Servomotoren der ersten Rüstungsgeneration ?chzten mit jedem Schritt. Er legte eine Hand auf Marcelus' Schulter. “Wei?t du manchmal, wenn jemand deine Faust festh?lt, dann hilft es nicht, mit mehr Gewalt nachzudrücken. Manchmal ist es besser nachzugeben. Loszulassen. Aus dem Griff der Wut zu entgleiten.” Der junge Marcelus hatte die Worte seines Meisters sehr zu Herzen genommen - der alte, erfahrene tat es ihm gleich. Er stoppte, hasserfüllt dagegen anzuk?mpfen. Er lie? los. Er entspannte sich. Seine Vision verwischte. Er kehrte zurück in die Realit?t.
Der dunkle, erdrückende Schatten lag nicht mehr auf ihm. Er war aus seinen Fesseln entflohen. Nun war der Zeitpunkt des Handelns. Die Hand des Lord Commanders schnellte gekonnt nach vorne und ergriff den Kopf des Schamanen. Mit einem kurzen Schlie?en seines Servo verst?rkten Griffs zermalmte er den Sch?del des schwachen Psionikers. Ein Schlag seiner Faust bohrte sich in seinen Oberk?rper und zerbarst jegliche Knochen zu Splittern. Organe ergossen sich über den einst geweihten Boden. Als die Leiche aufschlug, meldete sich Marcelus Kommunikator. “Lord Commander, k?nnen Sie mich h?ren?”, kam eine verzweifelte Stimme von der anderen Seite. “Klar und deutlich. Ich musste mich hier lediglich um ein paar Aufst?ndische kümmern.” Er lie? sich seinen Frust und Trauer nicht anmerken. “Ich werde jetzt wieder zur Eisernen Zorn zurückkehren. Wie ist die Lage?” "Naja, noch ist alles in Ordnung, doch wir haben einen weiteren fremden Schiffs-Kontakt." “Wie weit und wie viele?” “Einhundertachtzigtausend Kilometer und ?hm … vierzig Schiffe.” Marcelus Augen weiteten sich. “Ich komme.”
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