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Kapitel III: Der Ordo Custodum

  Auf dem unteren Flugdeck der Eisernen Zorn wartete Decimus schon, angelehnt an herumstehende Kisten. Als der Lord Commander eintrat, richtete er sich auf und packte seine Sachen. Er machte sich nicht einmal die Mühe, ihm zu salutieren. Obwohl er ein h?herer Dienstgrad war, sahen sich die meisten Mitglieder des Ordo Custodum als gleichwertige Brüder. Dieser Brauch herrschte nicht nur wegen ihrer milit?rischen Ordensstruktur, sondern weil sie genetisch gesehen tats?chlich Brüder waren. Sie stammen alle von derselben Grund-Gensaat. Die transhumanen Soldaten des Ordo Custodum werden in der Hauptstadt der Menschheit - Terra - gezüchtet. Es gibt auch manche Flotten - vor allem jene, die weit von Terra entfernt sind - die die heilige Gensaat des ersten Custos mit sich transportieren. Dadurch k?nnen sie auch in den fernsten Ecken der Galaxie auf ihren gro?en Schlachtkreuzern neue Soldaten züchten. Diese Tatsachen jedoch blieben gut gehütete Geheimnisse des Ordens. Nicht nur weil es die Gensaat in Gefahr bringen k?nnte, sondern auch weil normale Menschen es nicht verstehen würden. Würden sie erfahren, dass die Custodes einfach gezüchtet werden, würden sie dem Orden Vorwürfe machen, da der Orden immer z?gerlich ist, seine Krieger in den Kampf zu schicken. Doch die Wahrheit ist, dass, obwohl die transhumanen Soldaten gezüchtet werden, es trotzdem nur wenige schaffen ein Custos zu werden. Viele sterben vor der Geburt, manche haben genetische Defekte und die meisten schaffen die Prüfungen nicht. Der Rest der nicht würdigen wird entweder umgebracht oder sie werden zu Dienern des Ordens gemacht. Wer die Prüfungen übersteht und zum Custos aufsteigt, dem winkt meist eine lange und ruhmreiche Zukunft. “Ruhmreich?”, dachte sich Marcelus. Das hatten sie ihm immer gesagt. Doch selbst als Lord Commander des ?u?eren Kerns, siegreicher Feldherr zahlloser Feldzüge, Schl?chter der Xenos Horden, fühlte er sich nicht ruhmreich. Viel schlimmer. Er fühlte sich, als h?tte er sich verloren. “Wer war Titian Marcelus?”, fragte er sich. Nachdenklich ging er neben Decimus einher. Der Custos konnte sofort erkennen, dass etwas nicht stimmte, aber er sagte vorerst nichts, da er nicht die Ehre seines Bruders in Frage stellen wollte. Sie schritten über das Flugdeck. Metall prallte auf Metall. Marcelus Blick erfasste seinen Transporter, der gerade noch betankt wurde. Im Hintergrund h?rte er das leise Surren der Schildgeneratoren - vor einer Schlacht wirkte es sehr beruhigend. Sie waren dafür verantwortlich, dass der Hangar Bereich frei vom Vakuum des Raumes war. Eine dünne, hellblaue Energie Schicht legte sich an den ?ffnungen wie eine Haut. Sie war das einzige, was den grausamen Raum au?erhalb hielt und sie flimmerte unter dem Druck ihrer Aufgabe. Als sich die zwei dem kleineren Fahrzeug n?herten, bildete sich ein Tunnel an knienden Dienern. Sie senkten ihre K?pfe aus Ehrfurcht. Marcelus h?tte ihnen gesagt: “Erhebt eure H?upter Brüder.” Doch er wollte sich nicht unn?tig aufspielen - er schwieg. Die magnetischen Platten auf ihren Fu?sohlen aktivierten sich automatisch, als sie die Rampe betraten. Obwohl sie nur zu zweit waren - ohne die Diener und Unterstützungs-Soldaten zu z?hlen - war der Passagierbereich des Transporters ziemlich befüllt. In ihren Rüstungen ragten die Custodes l?ngst in die drei Meter und dünn waren sie auch nicht unbedingt. Kein Wunder, dass sie von manchen Menschen auch einfach nur “lebendige Statuen” genannt werden. Ein tiefes R?hren rüttelte Marcelus, als die Triebwerke des Transporters zum Leben erwachten. Unbeteiligte Diener huschten in Sicherheit, um nicht von den Flammen erwischt zu werden. Die Gravservos hoben den Transporter vom Boden des Flugdecks und brachten ihn ins Schweben. Er bewegte sich langsam vorw?rts, bis er die hellblaue Haut erreicht hatte. Er glitt behutsam durch den inneren Schild. Als er sich befreit hatte, fuhren seine Triebwerke auf die h?chste Stufe hoch. Die mechanischen Diener, die den Transporter steuerten, gaben zufrieden klingende Ger?usche von sich. Das beruhigte Marcelus, der nun seinen Kopf nach hinten lehnte und durch seine geschlossenen Augen hindurch nur mehr die Vergangenheit sah.

  Rhiv war gerade auf dem Weg zur gro?en Lagerhalle, um sich dort über die Best?nde an Unterstützungswaffen und Fahrzeuge zu informieren. Von Castinus hatte er erfahren, dass angeblich einige Panzer an Bord waren. Er war zwar kein gro?er Fan von Panzern - er empfand sie als altmodisch -, dennoch konnte er den mobilen Schutz, den sie Bodentruppen boten, nicht leugnen. Er fragte sich, wie er sie einsetzen k?nnte – vorausgesetzt, es gab sie wirklich. Leicht abwesend rempelte er einen Diener des Logisticums an. Dieser war gleich emp?rt über die nun verstreuten Kisten. Rhiv schüttelte den Kopf. Er hatte jetzt wichtigeres zu tun als sich mit der Verk?rperung der gehassten Bürokratie zu streiten. Nach einer Weile passierte er das mittlere Geschützdeck. Hier sah er zum ersten Mal die Z?hne der Eisernen Zorn - riesige Energie-Geschütze. Sie füllten die ganze L?nge des ?u?eren Korridors. Diener trugen hastig menschensgro?e Munition durch die G?nge w?hrend sie von wütenden Offizieren angeschrien wurden. Er betrachtete die Patronen der Geschütze genauer. Gro?e Zylinder - sie erinnerten ihn an Gaskanister oder vielleicht überdimensional gro?e Batterien. Er hatte geh?rt, dass ein Energiebolzen dieser Geschütze ganze Fregatten in der H?lfte spalten konnte. Wenn er ehrlich war, glaubte er diese Gerüchte nicht ganz, trotzdem war ihr Anblick atemberaubend. Mit etwas Schwermut musste er sich auch daran erinnern, was er an der Akademie gelernt hatte. Das eine Kriegsmaschine, wie diese, wertvoller war als jeder einzelne Soldat war. “Ein Mensch weniger wert als eine Maschine.”, dachte er sich bedrückt. Rhiv warf noch einen letzten Blick auf die todbringenden Giganten und fragte sich, ob er sie jemals in Aktion sehen würde. Er hoffte nicht, doch er wünschte schon.

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  Ein mechanischer Ton weckte Marcelus aus seinen Gedanken. Sie würden in wenigen Momenten am Flugdeck des Wracks ankommen. Er blickte zu seiner Seite. Decimus' Fu? zappelte schon nerv?s. Der Custos hatte wegen seines amputierten Beines schon l?nger keine Kampfhandlungen mehr erlebt und nun konnte er es kaum noch erwarten. Der Lord Commander spürte, wie ihm das Wasser im Mund zusammen lief. Sie hatten zwar das Aussehen von gutherzigen Halbg?ttern, doch tief in ihren Herzen waren die Custodes auch nur grausame Kriegsmaschinen. Marcelus hatte sich schon oft gefragt, ob man sie überhaupt als menschlich bezeichnen k?nnte - trotz seines verbesserten Verstandes blieb ihm dies jedoch unbeantwortet. “Beruhigt euch, Bruder.”, sprach er mit sanften Worten. Decimus wandte seinen Blick zu ihm. “Ich werde es versuchen. Doch verurteilt mich nicht für unsere Natur, Lord.”, erwiderte er feuchten Halses. Ein Ruckeln signalisierte, dass sie den Schild des Schiffes passierten. Die Tür zum Passagierbereich ?ffnete sich und eine Handvoll Diener traten ein. Sie trugen die Waffen der Custodes. Decimus nahm sein Phobos-Gewehr. Marcelus griff nach seiner Laserpistole. Eingehüllt in rote Tücher und mit D?mpfen gesegnet, wird dem Lord Commander sein Energieschwert Invictus überreicht. Er befestigte die Schwertscheide an seinem Gürtel, neben Granaten und zus?tzlicher Munition. Die normale Beleuchtung wurde durch ein tief rotes Notlicht ersetzt. Gleich würde es losgehen, er konnte es spüren. Sie gingen ans Heck des Transporters, wo sich die Rampe befand. Im Laderaum standen auch noch andere Diener, die erwartungsvoll das Spektakel beobachteten. Die magnetischen Fü?e des Fahrzeugs dockten am Boden an. Der düstere Nebel des Wracks trat ein. Mit stoischer Ruhe marschierten die Custodes ihm entgegen. Sie setzen ihre Helme auf, um besser zu sehen. Die r?tlichen Linsen leuchteten auf. Warnungen und Missionsmarker erschienen im Inneren. Marcelus ignorierte sie. Sie gingen vorsichtig durch den Hangar. Vor ihnen, mit gesenktem Kopf, ein Priester des Ordo Reliciam. Er verteilte heiligen Rauch und sprach Gebete, die sie vor der bevorstehenden Finsternis behüten sollten. Doch dieser Segen war nicht von Dauer. Als sie den ersten Korridor betraten, wurde eine pr?zise Kugel durch die Luft gejagt. Der Kopf des Priester wurde in kleine Fetzen zerrissen, bevor sein lebloser K?rper auf dem Boden zusammenbrach. Der dumpfe Knall des Metalls hallte wie ein Glockenschlag wieder. Marcelus blickte hinunter, wo frisches Blut das royale Gelb seiner Rüstung beschmutzte. Alleine dafür würde er jedem der Aufst?ndischen pers?nlich den Kopf umdrehen. Die Farben der Legion waren den Custodes heilig. Marcelus stürzte von Wut ergriffen nach vorne. Der begrü?ende Kugelhagel machte ihm dabei nichts aus. Kleinere Projektile prallten wirkungslos an den Ceramitplatten ab - wie Wassertropfen. Dicht hinter ihm bewegte sich Decimus, das Gewehr im Anschlag. Er feuerte eine Salve aus seinem Phobos-Gewehr – dicke Sprenggeschosse aus dem rotierenden Trommelmagazin. Die Granaten ?hnliche Munition flog an Marcelus vorbei zum Ende des Korridors. Als die Geschosse explodierten, hallte das Ger?usch von zerrissenem Fleisch durch den Gang – roh, feucht, erb?rmlich. Der ihm entgegenkommende Geruch von Blut spornte Marcelus Triebe weiter an. Mit einem Zischen zog er Invictus – seine Klinge umflossen von einem blauen Energiefeld, das leise summte wie eine hungrige Bestie. Aus dem Nebel tretend, begegnete sein Blick den weit aufgerissenen Augen der Abtrünnigen. Bei diesem Anblick wollten sie nichts anderes als ihre eigene Haut retten, doch es war l?ngst zu sp?t. Fleisch, Metall – es machte keinen Unterschied. Das Schwert des Lord Commanders glitt mühelos hindurch. Mit einem tiefen Summen trennte das Energiefeld die umliegende Materie auf molekularer Ebene. Seine Opfer hatten nicht einmal Zeit zum Schreien, ehe sie gek?pft wurden.

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