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Kapitel 11: Die Begegnung mit den Verstandslosen

  Blutrote, dunkel schimmernde Augen starrten uns durch den dichten Nebel an. Igor stand dort vor uns mit seiner Axt in der Hand und in einer Position, in der ich dachte, er w?re dazu bereit, einen Riesen anzugreifen. Das schwache Licht von Leos Fackel schaffte einen kleinen Bereich um uns herum, in dem wir etwas sehen konnten. Und dennoch tappten wir in vollkommener Ungewissheit, umgeben von einem Knurren, das das Blut in unseren Adern gefrieren lie?.

  "Igor? Was sind das für Dinger?", fragte Leo Igor mit einer deutlichen Anspannung in der Stimme. Er hielt sein Schwert ebenfalls in den H?nden und war bereit, sich damit zu verteidigen. Doch das Knurren wurde immer lauter und ich bekam das Gefühl, das diese Monster oder was auch immer sie waren, uns umkreisten, als w?ren wir ihre Beute.

  "Ihr müsst aufpassen. Wenn ihr nicht wachsam seid...Varis!", schrie Igor auf einmal. Ich wollte reflexartig meinen Stab ziehen, um Aegis zu wirken, doch mein Stab klemmte in der Halterung fest. Ich drehte mich um, versuchte ihn nochmal zu ziehen, doch es war zu sp?t. Aus dem dichten Nebel sprang ein Wolf, gro?, kr?ftig und so schwarz wie ein Schatten auf mich zu. Wir fielen beide zu Boden und knallten hart auf dem Weg auf. Nur schwer konnte ich das Monster von mir fernhalten, das krampfhaft versuchte, mich mit seinen erschreckend gro?en und spitzen Z?hnen zu packen.

  "Varis, halte durch!", schrie nun auch Leo. Er lief zu mir und rammte sein Schwert in den Rücken des schattenhaften Biests. Es lie? von mir, sprang zurück und schüttelte sich kurz. Es sah so aus, als w?re es in keinster Weise verletzt worden.

  "Igor, was sind das für Monster?", fragte ich ihn, nachdem Leo mir aufgeholfen hatte. Endlich bekam ich meinen Stab aus der Halterung und machte mich nun auch kampfbereit.

  "Das sind Schattenj?ger. Sie geh?ren ebenfalls zu den Borgons und bringen alles um, was sie sehen. Ihr k?nnte sie nur durch Magie oder einen Stich in den Nacken erledigen", rief Igor uns zu und wehrte einen der W?lfe ab. Ich sah, wie Venys eine der Feuerlanzen abfeuerte, die sie vorher erw?hnt hatte. Sie traf einen der W?lfe, der aufheulte und zu meinem Entsetzten wie ein Stück Papier verbrannte und zu Asche wurde. Ich und Leo machten uns auch bereit, da wir nun auch wieder ein tiefes, hasserfülltes Knurren aus dem Nebel vor uns vernahmen. Wie aus dem Nichts sprang einer der Schattenj?ger auf uns zu. Leo wehrte ihn mit einem horizontalen Hieb seines Schwertes ab, doch er landete mit seinen Pfoten auf dem Boden und setzte abrupt zu einem weiteren Sprung an. Hinter ihm erschien pl?tzlich ein zweiter Wolf, der es auf mich abgesehen hatte.

  "Aegis!", rief ich und manifestierte das Schild aus meinen Gedanken. Ich freute mich, da ich es geschafft hatte, den Zauber so spontan einzusetzen. Der angreifende Wolf prallte an dem surrenden Schild mit einem dumpfen Ton ab und fiel zu Boden. Ich sah meine Chance, fokussierte mich und sprach:

  "Cryomara."

  Die K?lte des Manas umschloss meinen Arm, fror ihn f?rmlich ein und floss weiter zu seinem Ziel. über mir bildete sich der Speer aus Eis, spitz und bedrohlich. Ich schaute den am Boden liegenden Wolf an, der sich gerade aufrappelte. Den Blick weiterhin fest auf ihn gehalten, machte ich eine rasche, flie?ende Bewegung meiner linken Hand. Mit einer Geschwindigkeit, die nicht mehr für das menschliche Auge wahrnehmbar war, schoss der Speer auf meinen Gegner zu und durchbohrte seinen K?rper. Der Wolf riss seine Augen auf, als würde er wissen, dass es vorbei für ihn war. Dieser Anblick lie? mich erschaudern, da das Monster an dem Zeitpunkt erschreckend menschlich aussah. Dann verbrannte der Wolf genauso, wie es auch passiert ist, als Venys ihre Magie genutzt hatte, um ihren Gegnern auszuschalten. Er verbrannte und fiel als Asche wieder zu Boden. Ich schaute zu Leo und sah, wie er den Wolf, der ihn angegriffen hatte, festhielt und mit einem gezielten Stich niederstreckte. Ich war erleichtert, dass Leo es geschafft hatte, in diesem Zweikampf zu siegen und das er, abgesehen von ein paar Kratzern an der Schulter und am Unterarm, keine schwerwiegende Verletzung davongetragen hatte. Mein Blick schwenkte zur Seite und ich sah etwas, was jegliche Selbstbeherrschung in mir aufl?ste. Es fühlte sich auf einmal an, als würde mein Bewusstsein aus meinem K?rper gerissen wurde. Urpl?tzlich nahm ich alles nur noch wie ein Beobachter war. Ich sah verschwommen, wie Jean von fünf oder mehr W?lfen umringt wurde und um Hilfe schrie. Ged?mpft h?rte ich, wie

  mein K?rper auf sie zu rannte und laut schrie:

  "Cryos Aeternum!"

  W?hrend diese Worte aus meinem Mund kamen, wurde es eiskalt um mich herum. Die K?lte kroch an meinem Bewusstsein hoch, wie eine dunkle Hand, die alles zu vernichten vermag. Wie erstarrt schaute ich meinem K?rper zu, wie er meinen Stab auf den Boden schlug und alles um sich herum zu Eis werden lie?. Die Monster um Jean erstarrten zu Eisskulpturen und bewegten sich keinen Zentimeter mehr. Erstaunt schaute Jean sich um und schaute zu mir. Im gleichen Moment sah ich etwas, nein, ich sah jemanden aus meinem K?rper kommen. Die Gestalt sah weiblich aus, schlank und hochgewachsen. Sie schwebte mit einer anmutigen und edlen Haltung auf mich zu. Genau konnte ich nicht erkennen, wie sie aussah. In diesem kurzen Moment sah ich nur ihre leuchtende, leicht durchsichtige Gestalt. Ihr Gesicht war nicht zu erkennen. Als sie neben mir ankam, sagte sie zu mir mit einer weichen, beruhigenden Stimme:

  "Jetzt bist du wieder dran, Kleiner. Verzeih mir bitte, dass ich auch deine Freunde

  erwischt habe."

  "Wie...?", setzte ich an, doch auf einmal wurde ich ruckartig in Richtung meines K?rpers gezogen. Mit einem Mal nahm ich alles wieder klar war. Ich spürte die K?lte um mich herum sowie eine kleine Schicht Schnee auf meinen Schultern. Mein Kopf dr?hnte und ich merkte, wie Jean auf mich zu lief.

  "Varis! Geht es dir gut?", fragte sie aufgeregt. Ich nickte und spürte sofort wieder einen dumpfen Schmerz durch meinen Sch?del hallen. Mein Blick hob sich vom Boden und ich stand auf.

  Nein. Das war nicht ich. Wer war das?, fragte ich mich erschrocken, als ich auch meine Freunde an Ort und Stelle eingefroren sah.

  "Jean. War wirklich ich das?", fragte ich sie immer noch verzweifelt und verwirrt durch das, was gerade passiert war. Jean nickte nur und meinte dann zu mir:

  "Ich habe gesehen, dass du das warst. Aber deiner Reaktion nach kannst du das selber nicht glauben."

  Ich schaute ihr tief in die Augen. Gedanken, die von Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen gepr?gt waren, flogen durch meinen Kopf.

  "Jean, bitte. Du musst mir glauben. Das war nicht ich. Ich wollte das gar nicht. Ich kannte diesen Zauber gar nicht. Bitte, ich will nicht, dass die anderen denken, ich h?tte das absichtlich gemacht", flehte ich sie mit Tr?nen in den Augen an. Der Nebel hatte sich schon verzogen und die reglosen K?rper meiner Freunde waren deutlich sichtbar.

  "Ich glaube dir. Du kannst mir und den anderen alles weitere erkl?ren, sobald wir sie aufgetaut haben. Bestimmt ist es noch nicht zu sp?t", antwortete sie mir und klopfte mir auf die Schulter. Ich nickte langsam, wischte mir die Tr?nen weg und stand auf.

  Aber... ich habe den Feuerzauber oder ?hnliches noch gar nicht gelernt, dachte ich mir und die Selbstzweifel kamen zurück.

  "Na komm schon Varis", sagte Jean ermunternd zu mir. Sie stand bereits mit der Fackel von Leo, die er in den Boden gesteckt hatte und gerade noch so au?erhalb der Reichweite des Eises war, vor ihm, um ihn aufzutauen.

  Ah so ist das also. Du kennst gar keinen Zauber um ihnen zu helfen? Dann lass mich dir noch einmal helfen, h?rte ich wieder die Stimme der Frau. Ich drehte mich um, jedoch sah ich niemanden.

  Bist du... Bist du in meinem Kopf?, fragte ich in Gedanken.

  So kann man es fürs erste nennen. Aber mehr verrate ich dir erstmal noch nicht. Erstmal müssen wir deine Freunde retten. Geh doch mal bitte zu einem der drei, h?rte ich wieder die Stimme. Sie h?rte sich etwas hallend an, als würde sie aus einer Art H?hle kommen. Und doch besa? ich aus irgendeinem Grund ein kleinen wenig Vertrauen zu ihr, weshalb ich zu Luna ging. Ihr K?rper war von einer Eisschicht umgeben, die eine wei?e bis hellblaue Farbe hatte. Sie glitzerte etwas in dem Licht des aufgehenden Mondes.

  Und jetzt pass auf, sagte die Frau in meinem Kopf und ich fühlte etwas an meinem Unterarm, was sich anfühlte wie eine sanfte Hand. Sie umschloss mein Handgelenk und gleichzeitig h?rte ich mich und sie sagen:

  "Ignaris."

  Durch meinen Arm floss das Mana wie ein Fluss aus hei?em Wasser. Ich spürte die W?rme im inneren meines Armes und sah, wie mein Saphir am Ende des Stabes anfing zu glühen, fast schon anfing zu brennen. Erstaunt realisierte ich, dass ich gerade einen Feuerzauber gewirkt hatte. Und ich realisierte, dass ich mir die Stimme und die Frau nicht eingebildet hatte. Wie eine Fackel führte ich meinen Stab vorsichtig mit einem kleinen Abstand über die Eisschicht, die Luna umgab. Mit einem immer breiter werdenden L?cheln beobachtete ich, wie das Eis langsam verschwand. Als es dann nach ungef?hr zehn Minuten vollst?ndig weggetaut war, brach Luna zusammen. Ich konnte gerade noch meinen Stab auf den Boden fallen lassen und sie auffangen.

  Hoffnungsvoll achtete ich darauf, ob sie am atmen war und hielt inne. Voller Erleichterung sah ich dann, dass sie am Leben war. Sie war bewusstlos und atmete, wenn auch nur flach. Ich brachte zu einem nahe gelegenen Felsen, lehnte sie dagegen und legte ihr meine Jacke um.

  "Varis? Kannst du auch Leo dorthin bringen?", fragte Jean mich, als auch sie Leo aufgetaut hatte. Ich nickte und trug Leo, wenn auch nur mit gro?er Anstrengung zu dem Felsen.

  "Wie w?re es, wenn du weiter machst und ich w?hrenddessen Holz für ein Lagerfeuer

  hole. So k?nnen die anderen sich wenigstens etwas aufw?rmen", schlug ich daraufhin vor. Sie nickte und machte sich daran, Venys aufzutauen. Ich ging also kurz zurück, um meinen Stab aufzuheben. Seine Spitze glühte noch etwas.

  In dem nahe liegenden, kleinen Waldstück angekommen, fing ich an, Holz für das Feuer zu sammeln. Doch eine Sache ging mir wortw?rtlich nicht aus dem Kopf.

  "Darf ich fragen, wer du bist und wie du überhaupt in meinem Kopf gekommen bist?", sagte ich laut vor mir hin. Wie erwartet, bekam ich eine Antwort von der mysteri?sen Frau in meinem Kopf.

  "Lass mich kurz nachdenken, wieviel ich dir von mir verrate", sagte sie und hielt kurz inne.

  "Fürs erste sollte es reichen, wenn du mich siehst und ich deine Fragen ganz kurz und knapp beantworte. Ist das okay für dich?", entgegnete sie dann. Ich nickte und schaute gespannt in die Richtung, aus der die Stimme kam. Langsam erschien neben mir eine Gestalt. Es wirkte, als würde sie sich aus dem Nichts zusammenfügen. Und dann sah ich sie. Eine gro?e und dünne Frau erschien neben mir. Sie trug einen langen, wei?en, leicht bl?ulichen Mantel mit Akzenten aus weichem Fell, die vor allem am Kragen und am Verschlussbereich sehr deutlich sichtbar waren. Auch an den Enden der ?rmel war Fell angebracht. Ihre Haare waren lang und hatten eine goldblonde Farbe. Als ich in ihre Augen schaute, erblickte ich ein leuchtendes, rosarotes Augenpaar, das ein spielendes und doch sehr mysteri?ses Funkeln in sich trug. Und dazu besa? sie spitze Ohren, die mich sehr an die von Luna erinnerten.

  "Wenn ich mich vorstellen darf: Mein Name ist Elisa. Und ich bin die Seele deines Magieedelsteines"

  Die Seele meines Magieedelsteines? So wie auch Thora so einen Edelstein besitzt, fragte ich mich in Gedanken.

  "Wer ist diese Thora?", fragte Elisa mich. Ich erschrak leicht, da ich vergessen hatte, dass sie meine Gedanken h?ren konnte.

  "Sie ist die Anführerin der Borgons, einer Gruppierung von b?sartigen Druiden, die alle die Macht der Onyxe nutzt, um die Stadt Karnon einzunehmen. Thora hingegen, besitzt einen Onyx mit einer Seele. Sie ist b?sartig und hat Thora zu dem gemacht, was sie jetzt ist", antwortete ich ihr. Elisa nickte und entgegnete daraufhin:

  "Dann war sie schwach, da die Seele ihren K?rper übernommen hat, als sie das erste Mal eingegriffen hatte. Du als Beispiel bist nicht so schwach. Denn w?re das so, w?re dein Bewusstsein schon eingeknickt, als ich dir das erste Mal in Halewood geholfen hatte."

  "Bedeutet das wir koexistieren sozusagen in meinem K?rper?", fragte ich sie, w?hrend ich einen Ast vom Boden aufhob. Ich sah, wie Elisa ihre leicht dursichtige Hand hob und eine nachdenkliche Haltung annahm.

  "Nicht ganz", antwortete sie mir.

  "Eher ist deine Seele nun mit mir verbunden, weswegen ich auch deine Gedanken h?re. Und dadurch, dass die Seele sozusagen der Kern eines Menschen ist, kann ich dir auch bei deinen magischen F?higkeiten helfen und wahrscheinlich auch für kurze Zeit mit dir die Pl?tze tauschen, um noch st?rkere Zauber zu nutzen, wie wir es ja vorhergesehen hatten." Ich hob einen weiteren Ast auf und steckte ihn mir unter den Arm.

  This tale has been unlawfully lifted from Royal Road; report any instances of this story if found elsewhere.

  "Denkst du, es ist m?glich, diese Verbindung wieder zu kappen?", fragte ich sie.

  "Nein, nicht das ich wüss... Warte mal. Du willst mich loswerden?!", antwortete sie emp?rt.

  "Nein, daran hatte ich gar nicht gedacht. Eher an Thora. Weil, auch wenn es sich für mich in manchen Situationen nicht so ganz angenehm anh?rt, denke ich schon, dass wir uns anfreunden k?nnen." Elisa atmete erleichtert aus.

  "Dann bin ich ja froh. Aber wie schon gesagt, wei? ich keinen Weg, diese Verbindung zu trennen."

  Nachdem sie das gesagt hatte, sammelte ich eine Zeit lang stumm Zweige und dachte über etwas nach.

  "Worüber denkst du nach?", fragte Elisa mich.

  "Ich dachte, du kannst meine Gedanken lesen", antwortete ich weiterhin etwas nachdenklich.

  "Ja, aber ich war gerade selber mit etwas besch?ftigt. Also, was ist es?", antwortete sie. Ich schaute in den Himmel zu dem jetzt schon aufgegangenen Mond und holte Luft.

  "Ich habe drüber nachgedacht, ob ich den anderen von dir erz?hlen soll." Nachdenklich stand ich da, aufschauend zu dem hell leuchtenden Mond. Doch dann schwebte Elisa in mein Blickfeld. Durch den Mond schien sie noch heller als zuvor.

  "Ich glaube, du solltest ihnen davon erz?hlen. Irgendwie kann ich ja auch verstehen, warum du so denkst. Von dem was du von dieser Thora erz?hlt hast, kann ich mir denken, dass ein paar von ihnen Zweifeln werden. Aber immerhin sind sie deine Freunde und ich kann dir versichern, dass selbst wenn ich deinen K?rper übernehmen wollte, was eben nicht so ist, würde ich es nicht k?nnen. Du bist st?rker als du denkst, Varis", schlug sie mir aufmunternd auf. Ich nickte.

  "Vielleicht ist das tats?chlich das, was ich machen sollte. Danke Elisa. Auch für deine Hilfe eben", entgegnete ich ihr und l?chelte leicht.

  "Na dann, wir sollten genug Holz haben. Lassen wir deine Freunde nicht noch l?nger warten, als sie so schon mussten", erwiderte sie, weswegen ich mich in Bewegung setzte. Elisa verschwand wieder und langsam kam ich unserem provisorischen Lager n?her.

  "Na sie mal einer an, wer da zwischen den B?umen angeschlichen kommt", begrü?te mich Igor freudig. Ich war erleichtert, als ich sah, dass auch Venys, Luna und Leo aufgewacht waren. Ich stellte also das gesammelte Holz aneinander in der Mitte des Kreises, den wir gebildet hatten, auf und legte etwas Rinde in der Mitte unter dem Holz.

  Kannst du mir nochmal kurz mit dem Feuerzauber helfen?, fragte ich in Gedanken. Mit dem Gefühl, ein Nicken gefühlt zu haben, spürte ich wieder den hei?en Fluss des Manas, als ich die Formel für den Zauber Ignaris aussprach und die Spitze meines Stabes aufglühte und die Rinde in Brand setzte. Das Feuer in unserer Mitte loderte auf und spendete schnell die ersehnte W?rme.

  "Jetzt aber mal ehrlich, Varis: H?ttest du nicht etwas vorsichtig mit seinem Zauber sein k?nnen? Du musst wissen, so angenehm ist das auch nicht, eingefroren zu sein", sagte Venys nach einiger Zeit. Besch?mt antwortete ich darauf:

  "Ich wei?. Es tut mir auch leid. Aber ich wollte eh deswegen mit euch reden. Ihr müsst wissen, dass nicht ich den Zauber gewirkt habe."

  "Wie das denn? Ich habe doch eindeutig gesehen, dass du das warst", entgegnete Jean verwirrt.

  "Zum Teil hast du auch tats?chlich damit recht. Aber es war nur mein K?rper, den du gesehen hast. Denn nicht meine Seele, sondern die Seele meines Saphires hatte diesen Zauber gewirkt, um dich zu retten", erkl?rte ich ihr.

  "Sie hei?t Elisa. Deswegen bitte ich euch einmal alle, mir etwas zuzuh?ren. Ihr müsst euch vorstellen, als ich Venys das erste Mal getroffen habe, habe ich den Zauber Miragea genutzt, um sie vor einer Gruppe verhüllter Zwerge zu retten. So dachte ich es zumindest. Doch eigentlich war Elisa es, die mir geholfen hatte, diesen Zauber zu nutzen. Ich hatte im Wald mit ihr geredet und sie meinte selber schon, dass es im Gegensatz zu der Seele, die Thora übernommen hat, nicht vorhat, meinen K?rper in Besitzt zu nehmen und sie es eigentlich sogar gar nicht k?nnte. So hatte sie es mir erkl?rt. Ich vertraue ihr und denke, dass wir mit ihr klar kommen k?nnen und sie uns auch in vielen Situationen hilfreich sein kann." Ich schaute in die Augen meiner Freunde, hoffend auf Verst?ndnis. Zuerst meldete sich Igor misstrauisch zu Wort:

  "H?r mal, ich habe schon mal einen meiner Freunde durch so eine Seele verloren und ich will nicht, dass das nochmal passiert. Ich traue ihr nicht über den Weg. Das bedeutet, wenn ich merke, dass sie dich zu schlechten ver?ndert, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, damit sich das ?ndert." Nachdem er das gesagte hatte, bildete sich ein Knoten in meiner Brust. Er pochte und gab mir das unangenehme Gefühl der Angst, einen Freund zu verlieren.

  "Aber erstmal versuche ich sie zu akzeptieren, da sie uns jetzt schon zwei Mal geholfen hat, wenn auch mit etwas gef?hrlichen Nebenwirkungen." Erleichtert atmete ich aus.

  "Danke Igor."

  "Ich bin auch der Meinung, dass wir sie akzeptieren sollten. Du wei?t ja, dass ich immer noch fest überzeugt von dir bin", sagte nun auch Venys. Dann schaute ich zu Luna, Leo und Jean.

  "Und was denkt ihr?", fragte ich sie.

  "Ich finde es vollkommen okay, solange es dir damit gut geht. K?rperlich sowie geistig. Verstanden?", antwortete Luna auf meine Frage. In ihrer Stimme h?rte ich wieder diese Sanftmütigkeit, gemischt von einem besorgten Unterton.

  "Wir sind auch damit einverstanden", sagte Leo, w?hrend er sich mit den H?nden am Feuer w?rmte.

  "Und dazu k?nnte sie auch in brenzligen Situationen ziemlich praktisch sein, wenn du mit ihr weiterhin übst. Wer wei?, vielleicht wird sie ja auch denn ein vollst?ndiges Mitglied in unserer Gruppe, auch wenn wir sie weder h?ren noch sehen. Immerhin kannst du das ja", fügte Jean freudig hinzu. Wir sind ebenfalls der Meinung. Dazu kann sie, wenn du dich besser mit ihr verst?ndigt und ihr beide übt, vielleicht sogar unglaublich praktisch für brenzlige Situationen sein. Und dann vielleicht auch ein vollst?ndiges Mitglied unserer Gruppe sein. Auch wenn nur du sie siehst und h?rst", fügte Jean freudig hinzu.

  "Danke Freunde. Das wei? ich zu sch?tzen", entgegnete ich mit einem erleichterten L?cheln. Ich ging zu Jean, setzte mich neben sie und hielt meine H?nde dem Feuer entgegen.

  "Sag mal Igor. Wo das ja jetzt gekl?rt ist, kannst du uns erz?hlen was diese Schattenj?ger genau sind?", fragte Leo ihn. Igor nickte etwas widerwillig und antwortete:

  "Das is ne tragische Geschichte, weswegen ich euch bitte, stark zu sein, falls ihr es wissen wollt." Wir nickten daraufhin. Er holte tief Luft und erz?hlte in einem schwermütigen und ernsten Ton:

  "Okay, ist müsst zurückdenken, circa zu dem Punkt, als Thora ihre Armeen zusammensammelte. Sie setzte jeden von ihnen einen der Onyxe vor, hoffend darauf, starke K?mpfer zu finden. Doch viele von ihnen, die, die nicht stark genug, wurden von der Energie der Edelsteine überw?ltigt. Sie verloren ihren Verstand, ihr Ged?chtnis, ihre Emotionen, ihren Willen. Auch ihre Humanoide Gestalt verloren sie und wurden zu schattenhaften Tieren und Schemen, getrieben von Hass und Furcht, noch mehr Qualen zu erleben. Sie alle stehen unter Thoras Befehl. Und genau diese Leute, die all das erleben mussten, nennen wir Schattenj?ger. Sie sind gnadenlos und brutal. Und leider haben wir bis jetzt keine L?sung dafür gefunden, um sie von diesem Fluch zu befreien."

  "Also haben wir... Menschen get?tet?", fragte Luna mit einem vor Schreck verzerrten Gesichtsausdruck. Igor nickte.

  "Rein in der Theorie ja. Ich wei?, es ist schwer zu verarbeiten, aber leider stehen sie unter dem Befehl von Thora und haben eben jeglichen Willen verloren." Vor meinen Augen verschwamm der Boden.

  Wir haben was?, dachte ich mir. Mein Mund wurde trocken und mir wurde übel. In meinem Kopf erschien das Bild von dem sich fürchtenden Schattenj?ger.

  "Also habe ich mit meinen H?nden Menschen get?tet, die ich eigentlich retten wollte?", fragte ich leise mit zitternder Stimme, w?hrend ich auf meine H?nde starrte. Ich war verst?rt, doch dann fühlte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich schaute nach hinten und sah die leuchtende Gestalt von Elisa.

  "H?r mal Varis. Bitte bleib stark. Leider kannst du die Zeit nicht zurückdrehen und wenn du das nicht getan h?ttest, w?ren vielleicht noch mehr Menschen, eingeschlossen dir, Jean und deinen Freunden, gestorben. Au?erdem habe ich ja auch einige davon erledigt. Du musst dich jetzt zusammenrei?en und deinen Freunden helfen. Denn wenn ich mir sie so anschaute, machen sie gerade glaube ich ?hnliches wie du durch."

  Ich schaute vom Boden auf und blickte zu meinen Freunden und begriff, dass auch sie am Leiden waren. In ihnen sah ich denselben in Stücke zerschmetterten Kampfgeist, gebrochen durch Schuldgefühle und Reue. Ihre Gesichter waren nach unten geneigt, mit demselben verst?rten Gesichtsausdruck, wie auch ich ihn hatte. Venys liefen Tr?nen aus den Augen, Luna war kurz davor, sich zu übergeben. Jean starrte verst?rt ins Feuer, stumm und zugleich bleich. Leo jedoch...

  "Leo!", rief Igor, sprang auf und lief zu ihm.

  "Leo, was ist los?", fragte er aufgeregt, als er bei dem bewusstlosen Leo ankam. Er schüttelte seinen K?rper und schaute, ob er noch atmete. Teils erleichtert und doch etwas geschockt, nickte er mir zu. Auch die anderen schauten auf und realisierten, was gerade passiert war.

  Auch wenn sie das ihre Sorgen für kurze Zeit vergessen l?sst, werden sie auch wieder zurückkommen. Und genau deswegen muss ich jetzt und auch sp?ter für sie da sein, dachte ich mir, w?hrend ich selber noch etwas mit der übelkeit rang. Ich schluckte sie hinunter, nahm mich zusammen und stand auf.

  "Igor, wie weit ist es noch zum Dorf?", fragte ich ihn mit noch leicht zitternder Stimme.

  "Direkt hinter den Hügeln ist es, vielleicht zwei Minuten", antwortete er mir.

  "Ich glaube ich wei?, worauf du hinauswillst. Und ich glaube, dass tats?chlich genau eine Person nicht weggelaufen ist. Los kommt, wir werden zu ihm gehen."

  So hob Igor Leo hoch, um ihn auf den Schultern zu tragen. Er ging vor und führte uns von unserem provisorischen Lager weg, hin zu dem Eingang zwischen den Hügeln. An dem Tor hing ein Schild, auf dem in geschwungener Schrift Silvenhügel stand. Wir gingen durch den ungef?hr drei Meter breiten Durchgang, auf dem an beiden Seiten in einem regelm??igen Abstand Fackeln aufgestellt waren. Der Weg erschien uns unertr?glich lang, als w?re es ein Albtraum, aus dem man nicht aufwachen kann. Doch dann erreichten wir endlich das Ende des Weges. Wir traten in das Dorf in dem Tal ein. Die h?lzernen H?user waren in einem Kreis rund um das Zentrum gebaut, in dem ein gro?er standhafter Baum stand, m?chtig und wahrscheinlich schon mehrere tausende von Jahre alt. In keinem der H?user brannte Licht und doch steuerte Igor auf genau ein Haus zu. Er ging zu der Tür, hob seine Hand und klopfte fünf Mal an der Tür. Es kam keine Antwort.

  "Jiron, komm schon. Ich bin es, Igor!", rief er, als er das zweite Mal klopfte und wieder keine Antwort kam. Doch als Igor seinen Namen nannte, h?rte man im inneren des Hauses Bewegung. Ein Lichtschein blitzte durch eines der Fenster und die Tür ?ffnete sich. In der Tür stand ein Zwerg mit guter Statur, braunen, kurz geschnittenen Haaren und einem Kinnbart. In seiner linken Hand hielt er eine Laterne.

  "Los, kommt schnell rein, sonst merken die Schattenj?ger noch, dass ich die Tür ge?ffnet habe", sagte er mit seiner tiefen, brummenden Stimme. Igor jedoch winkte ab und antwortete:

  "Darum musst du dir keine Sorgen machen. Wir haben sie ausgeschaltet. Jedoch ist einer von uns bewusstlos geworden, weswegen wir einen Unterschlupf brauchen. Kannst du das machen?"

  Jiron nickte, woraufhin Igor sich ihm n?herte und ihm ins Ohr flüsterte:

  "H?r mal, diese gesamte Gruppe sind meine Freunde und sie sind momentan wirklich sehr angeschlagen. Ich habe ihnen die Wahrheit über die Schattenj?ger erz?hlt und sie haben eben auch ein paar von ihnen niedergestreckt. Du verstehst, oder?"

  Ich bekam alles mit, da ich zuf?llig nah genug an ihnen dran stand. Jiron nickte erneut und lie? uns daraufhin hinein. In seiner Hütte stand ein langer Tisch mit Stühlen neben einem knisternden Kamin. Auf der gegenüberliegenden Seite stand ein grünes Sofa. Igor legte Leo vorsichtig auf das Sofa und deckte ihn mit einer der Decken, die Jiron brachte, zu. Er lehnte seine Axt gegen eine Wand und setzte sich wortlos und mit einem besorgten Gesicht auf einen der Stühle am Tisch.

  "Na kommt, scheut euch nicht, fühlt euch wie zuhause", sagte Jiron mit einem fr?hlichen Ton. Wir schauten uns kurz an und taten es daraufhin Igor gleich. Wie erwartet erschien nach kurzer Zeit wieder der betrübte Gesichtsausdruck auf den Gesichtern meiner Freunde. Jiron brachte jedem von uns eine dampfende Tasse Tee, die jedoch von niemanden angerührt wurde. Er setzte sich daraufhin an den Kopf des Tisches und sagte:

  "Wisst ihr was? Lasst mich euch eine Geschichte erz?hlen."

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