home

search

12| In Zeiten des Elends

  “Hey, psst... PSSST...” die flüsternde Stimme Adelaides weckte Erin und lie? sie kurz aufschrecken. Sie sah sich um und sah eine grinsende Menschenfrau, stand neben Erins K?fig mit einem Krug in der einen und einem Fisch in der anderen Hand. “Habe was für dich Erin.” “So sp?t hast du noch etwas gefunden? Wow.” Dankend nahm sie beides entgegen und sah Adelaide neugierig an. “Naja, nicht ganz. Das ist ein Teil meiner Ration, ich habe die letzten Tage immer etwas wegschmuggeln k?nnen damit wir beide ein volles Mahl haben würden. Aber ich glaube die Schwachk?pfe sind langsam auf den Trichter gekommen, was mit dem Essen immer wieder geschieht.”

  Erin hielt inne. Das war Adelaides? Fuck. Sie versuchte ihr den Fisch zurückzugeben, aber Adelaide hielt sie mit einer Hand davon ab: “Erin, du brauchst das Essen im Moment viel mehr als ich. Au?erdem bin ich seit Vorgestern wieder k?rperlich in Topform. Das Gift und die ganze verdammte Schlafmagie ist scheinbar vollst?ndig aus meinem System und ich habe genügend gegessen. Jetzt wird es Zeit, dass wir dich bereit kriegen.” Erins Augenbraue erhob sich langsam: “Bereit?” Sie nahm einen Bissen und setzte dann ihre Frage fort: “Bereit für was?”

  Ein schelmisches Funkeln leuchtete in den Smaragdgrünen Augen der T?nzerin auf. “Um von hier zu verschwinden.” Erin war gerade dabei gewesen den Rest des Wassers zu trinken, als Adelaide antwortete. Sie hustete einen guten Schluck der Flüssigkeit heraus und musste sich davon abhalten den Rest zu verschütten. “Bitte was?”

  “Ach komm schon. Denkst du echt ich würde dir hier jeden Tag helfen, nur um dich dann in dieser H?lle als Sklavin zurückzulassen?!” “Nein, nein, natürlich nicht. Aber... Aber es ist unglaublich gef?hrlich. Und du bist hier sicher, du hast keinen Grund dich unn?tig in Gefahr zu begeben.” “Ach pff, unn?tig, am Arsch. Ich will dich und die anderen nicht einfach zurücklassen. Sobald wir ankommen, werde ich euch rauslassen und wir setzen uns zur Wehr!” “Ah. Und du wirst alle rauslassen. Hast du denn überhaupt den Ansatz einer Ahnung, wie du das hinkriegen solltest?” “?hm...” “Dachte ich mir. H?r mal Addy. Du hast mir mehr geholfen, als ich es mir je h?tte ertr?umen k?nnen in dieser Situation. Du hast genug getan. Du musst dich nicht im Versuch noch mehr zu tun, in eine Suizidmission werfen. Ich habe gesehen, wie dieser Elf zaubert... Er ist stark.” Adelaide stemmte ihre Arme in die, durch ihre Kleidung betonte, Hüfte und ihre Augenbrauen begaben sich auf eine Reise zu ihrer Haarlinie:” Addy?” “Oh, ?hm, ich...” stammelte Erin w?hrend sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. “Da-das war nur so aus dem Affekt, tut mir leid, ich...” Erin err?tete so sehr, dass selbst ihre dunkle Haut es nicht mehr verstecken konnte. “Tut mir leid.”, brachte sie kleinlaut heraus und senkte den Blick.

  Es verging nur eine Sekunde, bis Adelaide reagierte, doch für Erin fühlte es sich wie Stunden an. Durch ihren Kopf schossen hunderte potenzielle Ausg?nge dieses Gespr?ch durch den Kopf, jeder schlimmer, als der vorige. Sie sah wie Adelaide ihr den Rücken zuwenden würde und ohne ein Wort gehen k?nnte, mit der Absicht nie wieder mit ihr zu reden. Oder wie Adelaides hübsches Gesicht sich in eine Grimasse des Zorns wandelte und sie Erin ausschimpfen würde. Ein Horrorszenario nach dem anderen spielte sich in ihrem Kopf ab und drohte sie in eine Spirale des Wahns zu treiben. Sie spürte wie sich ein Schwarzes Loch in ihrem Bauch ?ffnete und absolute Leere ihr Inneres in sich hinein sog. Galle sprang in ihrem Hals auf und eine Eises K?lte lie? ihren K?rper erstarren. Das Gefühl, das man hatte wenn man an einem Abgrund stand, ohne jegliche Sicherung, Seil, oder Gel?nder, w?hrend man spürte, wie der Wind einen immer weiter aus der Balance brachte. Doch mit einem Mal erstarrte jeder Gedanke. Erin war nicht mehr in der Lage ihr Gehirn zu steuern, wenn sie versuchte einen Satz zu bilden, erschienen nur Wortfragmente und eine dichte, tiefschwarze Wolke breitete sich in ihrem Verstand aus. Doch ungleich der alles verschlingenden Leere in ihrem Bauch, war diese Wolke eine unendlich gro?e Masse, die alles verdr?ngte und sich wie ein Gletscher durch jede Falte ihres Gehirns schob.

  Doch als Erin sich sicher war, nie wieder aus dieser selbsterschaffenen internen H?lle, zu entkommen brach eine Stimme wie das Strahlen der Sonne durch. Die Stimme eines Engels, m?chtig und voller Kraft, aber nichts desto trotz sanft und einfühlsam.

  “Erin? Hey, ich wollte nur einen Scherz machen. Hey Erin, ich finde es nicht schlimm dass du mich Addy nanntest! Ich fand es sogar ein wenig niedlich. Hey, h?rst du mich? Erin, was ist los?” Erins Augen fokussierten sich wieder und lie?en den leblosen starrenden Blick los. Sie schaute zu Adelaide, die besorgt ihren Arm durch die Gitterst?be schob, um Erin zu t?tscheln. “Erin, du machst mir Sorgen” “Ich... Mir geht es wieder gut. Ic-... Danke Adelaide” “Du kannst ruhig Addy sagen, ich mochte das irgendwie” ihr L?cheln h?tte den tyreanischen Permafrost zum Schmelzen bringen k?nnen. Erin musste ihren Blick abwenden. Sie sah auf ihre Bandagen herab und tat, als würde sie einige von ihnen fester binden, oder richtig zu positionieren. “Danke für alles Addy. Aber Bitte... Bitte bringe dich nicht in Gefahr. Du würdest geschnappt werden, bevor du überhaupt an den Schlüssel kommen k?nntest.” “Mach dir Mal darüber keine Sorgen Erin, ich habe da schon ein paar Ideen.” Erin schaffte es noch immer nicht aufzublicken und nickte einfach nur. Sie selbst würde das Gleiche tun und würde sich niemals davon abbringen lassen. Warum also würde Addy sich umstimmen lassen.

  Aber Erin würde sie beschützen, wenn es so weit kam. Eine Flamme entfachte, die sie seit ihrer Zeit mit dem H?ndler Rek, nicht mehr in sich trug. In ihrem Inneren war Erin eine Beschützerin und sie war es schon lange bevor sie zur Wache für Rek wurde. Sie würde es wieder sein.

  Unauthorized usage: this narrative is on Amazon without the author's consent. Report any sightings.

  Langsam hob sich Erins Kopf und die silber-metallisch gl?nzenden Augen der Halbelfe trafen Addys und diese erkannte sofort was gerade in Erin vor sich ging. Das scharfsinnige Grinsen eines Schakals begann Adelaides Gesicht zu verzerren und Erin spürte wie sie selbst auch zu L?cheln begann. Leise sagte Adelaide: ”Ich werde dich hier rausholen und wir werden gemeinsam die anderen befreien und dann gemeinsam flüchten.” Erin spürte die Angst um Addy immer noch, aber sie lie? ihre Flamme auflodern und lie? ihren Beschützerinstinkt durch jeden Teil ihres K?rpers flie?en. Sie würde bereit sein. Die Ketten, die vor wenigen Minuten noch unendlich schwer an ihren Armen und Beinen hingen, waren nun kaum mehr als Grashalme die man ineinandergeschlungen hatte. Sie würde hier rauskommen und sie würde Addy helfen und sie bewachen!

  In dieser Nacht schlie? Erin zum ersten Mal richtig, es war eine Erholung, die ihr K?rper so dringend ben?tigt hatte.

  Der n?chste Morgen weckte sie mit Sonnenstrahlen, die durch die Eisenstangen auf Erins Gesicht trafen. Sie hielt ihre Augen geschlossen und genoss die W?rme, w?hrend sie versuchte mit ihren Ohren auszumachen, was um sie herum geschah.

  Sie vernahm den gewohnten Trubel des Lagers und das Reden von Wachen, H?ndlern und anderen Sklaven. Erin h?rte, wie mit dem Abbau des Camps begonnen wurde und entschied sich ihre Augen doch zu ?ffnen. Langsam setzte sie sich auf und sah den umher wuselnden Leuten zu. Es war das Gleiche wie die Tage davor auch, aber das wundersch?ne Wetter verlieh allen hier einen gewissen Schwung im Schritt. Zwischen den zwei gr??ten Zelten konnte Erin zwei Gestalten erkennen, die sich scheinbar gerade miteinander unterhielten, jedoch so weit entfernt, dass Erin nichts davon aufschnappen konnte. Addy und der Anführer der Sklavenh?ndler, Mir, waren nicht am Streiten, aber es war deutlich zu erkennen, dass das Gespr?ch angespannt war. Erin fragte sich, um was es wohl ging. Mehr Essen? Schneller an den Zielort kommen, oder etwas v?llig anderes? Addy hatte ihre Arme vor der Brust verschr?nkt und starrte zu dem Elfen hinauf. Ihre K?rperhaltung und die verschr?nkten Arme lie?en Erin über den K?rper der Menschin staunen, dünne aber unfassbar starke Muskeln, kleine und stramme Brüste und ein Hintern... AH! Was verdammt noch mal tat sie da gerade. Sie fuhr sich mit den H?nden durch ihre ruinierten Dreadlocks und versuchte ihre Gedanken zu sortieren. Jetzt war NICHT der Moment für so etwas. Und sie mochte Frauen auf diese Art auch eigentlich gar nicht. M?nner wie Rek waren ihr Typ, gro?, schlank mit leichten Muskeln und sanften Augen. Das war schon immer so... Sie hatte noch nie auf diese Art an eine Frau gedacht. Naja zumindest nicht bis jetzt. Verdammt. Sie musste sich fassen. Sie hatte gerade wichtigere Dinge zu überdenken. Sie musste sich eine Strategie einfallen lassen, um alle Wachen so schnell wie m?glich auszuschalten, ohne, dass der Magier die Zeit hatte seine Zauber zu wirken. Vorausgesetzt, Addy schaffte es den Schlüssel zu beschaffen. Erin wusste, dass Mir diesen stets bei sich trug und er schien nicht wie jemand dem man unbemerkt etwa abnehmen konnte. Vielleicht würde es ein Dieb der Nachtigallen schaffen, aber sicher keine T?nzerin.

  Erin würde sie gerne mal Tanzen sehen. Sie kannte die T?nze Nythals, Reks Lieblings Taverne hatte ab und zu eine Bardin, die ?hnliche Kleider trug, wie das Outfit mit dem Addy die ganze Zeit herumlief. Meist versteckte sie ihren K?rper unter einem dunkelgrünen Mantel, aber nun da das Wetter so sch?n war, hatte sie diesen nicht um die Schultern und die dünnen flie?enden Stoffe sahen aus, als würden diese nur für Addy existieren. Der perfekt sitzende Schnitt in Kombination mit den gewagten Farben. Erin kannte solche Farben nur aus den Beschreibungen ihrer Familie und den wenigen Kleidungsstücken, die noch in ihrer Familie waren. Abora und Nythal waren sehr unterschiedlich, aber in Sachen ?sthetik waren beide Nationen sehr gewagt, mit auff?lligen und intensiven Farben.

  Das Orange, das Addy trug war nicht anders. Es forderte geradezu, dass man es ansah. Die Farbe unterstrich den olivenen Ton ihrer Haut und das strahlend blau gef?rbte Haar bot einen Kontrast, der schrill sein müsste, aber es nicht war. Stattdessen hatte das extreme Aufeinandertreffen der Farben den Effekt, dass die T?nzerin wie eine der Fae aus den Kindergeschichten aussah. Nicht von dieser Welt, aber mit dem Selbstvertrauen einer unsterblichen und m?chtigen Kreatur.

  Erin konnte es sich nicht erkl?ren, wie es m?glich war ein solches Auftreten hinzulegen, ohne dabei exzentrisch zu wirken. Aber Addy schaffte es. Und dann ihre Augen. Dieses tiefe alles durchdringende Grün. Augen so sch?n, wie die teuersten Smaragde...

  Erin blinzelte. Wie lange starrte sie bereits? Sie presste die Augen zu und schüttelte den Kopf heftig. Sie würde das unter Kontrolle kriegen müssen. Es war wichtig, dass sie sich auf den kommenden Ausbruch konzentrierte.

  Doch Erin wusste, dass es eine Lüge war, die sie sich selbst erz?hlte und leider war die Halbelfe eine miserable Lügnerin. Sie warf einen letzten Blick auf die Menschin, die gerade dem Elfen Mir hinterherlief und etwas rief. Sie würde all das tief vergraben und vielleicht würde sie es sp?ter in ihrem Leben wieder ausgraben und sich damit auseinandersetzen, aber im Moment war sie dazu nicht in der Lage.

  Sie lehnte ihren Kopf gegen die H?lzerne Seitenwand des K?figs und zwang sich die Strahlen der Sonne zu genie?en und die Gedanken frei laufen zu lassen. Sie dachte an die Heimat ihrer Familie, die sie nie selbst erlebt hatte. In Abora schien stets die Sonne und das bisschen Licht hier, war eine Erinnerung daran, dass eine ganze Welt auf Erin wartete. Wenn sie das hier überleben würde und zu einer freien Person werden konnte, würde sie gen Süden reisen. Hinter den Wüsten und tief in den Steppen. Dort wo sie keine Au?enseiterin war. Weder würde sie ihre Ohren verstecken müssen, noch sich wegen ihrer Haut Sorgen machen müssen.

  Um eine solche Reise unternehmen zu k?nnen, würde sie natürlich erst Geld verdienen müssen, aber sie hatte genügend von Rek gelernt und da sie nun in Kizara? war, würde es nicht allzu schwer sein. Hoffte sie zumindest.

  Und vielleicht würde Addy mit ihr eine Zeit lang als fahrende H?ndler mitreisen. Unwahrscheinlich, aber man durfte ja wohl noch tr?umen. Erin würde ihr zeigen wie man K?mpfte, sie hatte die perfekte Grundlage mit ihrem unglaublichen Talent fürs Tanzen.

Recommended Popular Novels