home

search

11| Inkognito

  Heute war der dritte Tag, den Beans, der Nicht-Goblin, in den Abw?ssern der Stadt verbrachte. Drei Tage voller Selbsthass und Verzweiflung. Mehrmals waren Suchtrupps kurz hier heruntergekommen, aber das System aus Tunneln und Rohren war einfach zu komplex um jemanden zu finden. Und dennoch hatte Beans sich jedes Mal verkrochen und versteckt.

  Aber ihm war nun schlussendlich das Essen ausgegangen. Er hatte die Tage zuvor mit seinen getrockneten Rationen überbrücken k?nnen, die er in kleinen Taschen an seinem Gürtel trug. Es war eine Notfallration, die er seit einer ganzen Weile schon dabeihatte und er musste diese aufteilen, damit sie überhaupt drei Tage hielt. Sein Magen rumorte und er wurde an vergangene Jahre in seinem Leben erinnert. Er würde zu schwach werden, wenn er nichts a?. Das würde es unm?glich machen Magie zu wirken und ohne seinen Bergkrallen Zauber würde er die Stadtmauer nicht erklimmen k?nnen. Das war sein einziger Weg aus Stonewall, denn durch die Checkpunkte an den Toren würde er es niemals schaffen. Besonders jetzt nicht, mit der Wache, die noch immer nach ihm suchte.

  Z?gerlich griff er nach dem alten modrigen Holz der Leiter und kletterte hinauf. Wenn er richtig lag, müsste er im Moment ein Stück vor den Slums im Westen sein. Hier würde sich niemand darum kümmern, wenn eine der Kanalabdeckungen angehoben wurde. Leute hier hatten so viele Probleme, dass sie keine Augen für andere hatten.

  Langsam hob Beans die alte Holzabdeckung an und lugte heraus. Wie vermutet, direkt vor den Slums. Er sah sich einmal rundherum nach Wachen um und huschte dann aus seinem Exil und in die matschigen Dreckstra?en der Weststadt. Seine erste Aktion war jedoch nicht die Suche nach Essensresten, sondern die Suche nach jemandem, der eine Decke oder alten Mantel bei sich hatte um sich zu w?rmen und gegen den Regen zu schützen. Er würde sich damit bedecken und dann hoffentlich von allen ignoriert werden. Doch Beans war kein Monster, er suchte nach jemandem, der schon tot war, oder zumindest kurz davor. Die anderen brauchten die Decken mehr.

  Es dauerte keine zehn Minuten, bis er den ersten Obdachlosen fand, der scheinbar in der Nacht weggestorben war. Mit einer schnellen Bewegung zog Beans der Leiche den Stoff aus dem Scho? und warf es sich über. Wenn man es nicht besser wusste, würde man nun denken, es sei ein alter kleiner Mann mit Buckel. Das musste reichen. Zumindest fürs erste, bis er Nahrung fand.

  Was leichter gesagt als getan war. Hier in den Elendsvierteln wurden alle Reste, egal wie klein oder verschimmelt, genutzt. Niemand konnte es sich leisten auch nur das kleinste bisschen zu verschwenden. Aber Beans traute sich nicht in die restliche Stadt, denn dort gab es Wachen und Bürger, die ihn erkennen konnten. Also begab er sich mit h?ngenden Schultern an den einzigen Ort, von dem er wusste, dass er dort sicher war und Essen konnte. Eine, aus Holzresten zusammengeschusterte Taverne, inmitten des verwahrlosten Stadtteiles, mit dem einladenden Namen erstochener Penner.

  Es wurde von einem Orc geführt, bei dem Beans früher Brot bekam, wenn er kleine Aufgaben für ihn erledigte. Kog würde ihn nicht verraten. Da war sich Beans sicher. Er nahm einige Münzen aus einem kleinen Beutel, die Kiste voller Geld blieb auf seinem Rücken versteckt, und stapfte los.

  Unauthorized use: this story is on Amazon without permission from the author. Report any sightings.

  Windschief, verrottendes Holz, ein Schild mit Schreibfehlern und Dreck ohne Ende. Genau wie früher. Beans spürte wie der Stress der vergangenen Tage langsam von ihm ablie? und der Knoten in seinem Magen l?ste sich ein wenig.

  Beans war sich sicher, dass Kog ihn nicht verraten würde, aber bei seine Klientel würde ohne mit der Wimper zu zucken alles ausplaudern, in der Hoffnung auf eine Belohnung. Also blieb der Nicht-Goblin weiterhin unter seiner Decke. Die Tür lie? ein lautes Knarzen erklingen, als er sie ?ffnete und hineintrat. Das Knarzen der Tür wurde kurz darauf vom St?hnen der Bodenbretter abgel?st. Zu sagen, die Atmosph?re sei deprimierend, w?re eine Untertreibung, wenige arme Seelen sa?en an der Theke mit h?ngenden K?pfen und zwei zwielichtige Gestalten diskutierten leise an einem der Tische. Es wurde seit dem Bau nicht mehr geputzt, warum auch, jeder neue Gast brachte den Dreck des Slums herein. Es dauerte einen Moment, bis Beans den Mann finden konnte, der für ihn damals das n?chste zu einem Freund war. Doch Kog, der Besitzer des abgestochenen Penners, war schwer zu übersehen. Sein massiger K?rper dominierte die Theke, er war so hoch wie er breit war, mit hellgrüner Haut und schütterem schwarzen Haar. Einer seiner Hauer war abgebrochen und er war beinahe mehr Schmutz als Orc, aber er sah aus wie Beans ihn in Erinnerung hatte. Fünf Jahre war es nun her. Langsam machte sich der Bedeckte auf die Theke zu, so weit wie m?glich von den anderen entfernt. Den Sitz zu erklimmen stellte sich als ganz eigene Herausforderung raus und Beans ben?tigte drei Versuche bis er schlie?lich über die Theke blicken konnte, wenn auch nur knapp.

  Eine Bass lastige Stimme grollte von der Seite: “Was darfs sein? Hab’ nur noch Selbstgebrannt’n Schnaps und Schw?cheres ga’ nimmer.”

  Beans hustete kurz und lehnte sich so weit vor wie er konnte: “Erkennst du mich?” Die Worte kamen leise und kr?chzend aus der Kehle des noch vermummten Goblins. Es war schwerer gewesen diese Frage zu stellen, als Beans es sich ausgemalt hatte. Was w?re wenn die Antwort ein Nein ist? Oder wenn er ihn erkennen würde, aber nichts mit ihm zu tun haben wollte?

  Die Sorge fra? ein gigantisches Loch in seinen Magen, als der gro?e Tavernen Wirt ihm ins Gesicht schaute. Für drei unertr?gliche Minuten herrschte Stille, die grünlichen Augen auf grauem Hintergrund zuckten über das gesamte Gesicht, bis Kog pl?tzlich seine Augen weit aufriss, die Arme ausstreckte und Beans über das Tresen in eine Umarmung zog, die jeden B?r h?tte neidisch gemacht.

  Ein Ger?usch wie brechende Wellen und zermürbender Fels schallte durch den Raum und zog verwirrte, oder sogar, verschreckte Blicke auf sich. Doch das st?rte den Wirt nicht, er wusste, dass sein Lachen wie eine Naturgewalt klang, wenn er sich wirklich freute. Mit lauter, tiefer Stimme unterbrach er sein Lachen und schaute zu Beans herab: “B?hnchen, ich dacht’ du w?rst scho’ l?ngst über’n Totenfluss g’wandert! Ich bin ja so froh dich z’ sehn’”

  Alle Sorgen, die Beans innerlich zerfra?en wurden weggespült. Das Lachen, dass ihm in jungen Jahren so viel Freude brachte, die erfreute Reaktion, als Kog ihn erkannt hatte und die ork’sche Art zu reden, die ihm Hoffnung brachte, dass er auch irgendwann ein gro?er Ork werden würde. Ok, Beans hatte schon relativ früh gelernt dass Orks und Goblins in die gleiche Spezies geh?ren, aber v?llig unterschiedliche Rassen waren. Das st?rte ihn aber jetzt so wenig, wie damals. Vor ihm war sein Vorbild und sein Fels in der Brandung.... und, zumindest für Beans, mehr.

Recommended Popular Novels