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Kapitel 13: Die größten Mächte von Hearthheaven

  ?Werdet ihr uns nun endlich sagen, wer ihr seid und was eure Absichten sind?", fragte die Frau mit der Augenklappe uns in einem sanften, vielleicht sogar schon in einem beruhigenden Ton. Meine Muskeln entspannten sich etwas, als ich verstand, dass sie uns nichts antuen wollte. Igor trat neben mir hervor, leicht zitternd und trotzdem sichtbar angespannt.

  ?Wir wollten den K?nig...", setzte er an, doch wurde von dem kupfernen Elf unterbrochen:

  ?Ihr wollt zum K?nig? Nur schade, dass er gerade sehr besch?ftigt ist und deshalb keine Zeit für euch hat."

  Die Frau trat neben ihn und legte ihre Hand auf seine Schulter, woraufhin der silberne Zwerg ihr einen missmutigen Blick zuwarf, den sie jedoch in keinster Weise würdigte. Sie schaute erst Igor, dann mich ganz genau mit ihrem rechten, grünen Auge an, bevor sie, ohne dass sie ihren Blick von uns abwand, sagte:

  ?Beruhig dich bitte erstmal, Branor. Ich habe bei ihnen kein schlechtes Gefühl. Lasst uns doch erstmal h?ren, welchen Grund sie für ihre Bitte haben."

  Der Elf, oder eher Branor, entspannte seine Muskeln im Kiefer, lie? die Arme geschlagen sinken und nickte z?gerlich.

  ?Wenn es das ist, was du willst. Dennoch traue ich ihnen nicht", sagte er monoton und lie? den Kopf leicht h?ngen.

  ?Ich bin derselben Meinung wie er, aber wollen wir ihnen dann doch erstmal zuh?ren", entgegnete der Zwerg, der nun jedoch die Arme in einer defensiven Haltung verschr?nkte. Die Frau in Gold nickte beil?ufig in seine Richtung, das Auge leicht zu ihm gedreht. Wir, die dieses Schauspiel beobachtet hatten, zuckten nun leicht zusammen, als die Frau ihren Blick uns gegenüber wieder festigte.

  ?Da das jetzt erledigt ist, w?rt ihr bitte so freundlich und würdet mir den Grund für eure Anreise nennen?", sprach die Frau in einem ruhigen und bestimmten Ton. Igor, der immer noch leicht nerv?s war, holte Luft, doch dann ging ich einen Schritt vor und sagte: ?Wir sind hier, weil wir die Teile des Artefaktes der Zehn suchen, um Karnon und diese gesamte Welt hier vor den Borgons zu retten. Deshalb wollten wir den K?nig aufsuchen und um eine Audienz bitten, um das erste Teil zu suchen und zu finden. Wir sind fest entschlossen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um diese Welt zu retten."

  Als ich meinen Satz beendete, schaute ich zu den Heiligen, um ihre Reaktion abzuwarten. Doch nur die Frau zeigte eine für mich ansatzweise deutbare Reaktion, denn sie ?ffnete ihr sichtbares Auge leicht, als würde sie so etwas wie Erleichterung oder eine Chance der Befreiung sehen. Als ich dann aber zu Branor und dem Zwerg schaute, sah ich, wie eine Flamme in ihren Blicken entbrannte. Eine Flamme, die mir weniger über ihre Einstellung gegenüber unserem Ziel sagte als alles andere davor. Auf einmal spürte ich eine Bewegung in der Luft und sah, wie Branor pl?tzlich in eine angriffslustige Haltung ging. Ich sah ein metallisches Schimmern, das aus der Richtung seines Armes kam, doch sofort reagierte die Frau mit der Augenklappe und w?hrend ich ein goldenes Leuchten sah, das zwar minimal aber doch noch für mich sichtbar war, sprintete sie zu ihm und hielt ihn auf, indem sie ihm seine Arme auf den Rücken drehte. All das geschah innerhalb eines Wimpernschlags, als würde die Zeit verlangsamt werden. Es schien, als würde sie ihm etwas ins Ohr flüstern. Dann sah ich wieder in subtiles goldenes Leuchten und beide standen wieder an ihrem vorherigen Punkt. Ich bewegte mich schnell zu Luna und fragte sie aufgeregt flüsternd:

  ?Hast du das auch gesehen?"

  ?Nein, was meinst du?", erwiderte sie mich verwirrt. Nun zweifelte ich an dem gerade gesehenen.

  Habe ich es mir nur eingebildet? Luna hatte von uns allen immer die besten Augen gehabt und hat trotzdem nichts gesehen?, dachte ich verwirrt. Doch dann trat Venys neben mich. Sie hatte Luna und mir anscheinend zu geh?rt und sagte deswegen leise:

  ?Ich habe auch etwas gesehen. Es war zwar nur ein ganz minimales Leuchten oder Schimmern, aber ich habe trotzdem etwas gesehen."

  Zum Teil war ich erleichtert, dass ich es mir doch nicht eingebildet habe, zum Teil aber auch verst?rt. Verst?rt, weil ich die monstr?se und unmenschliche Macht der Heiligen mit eigenen Augen gesehen hatte.

  ?Wenn ich nun bitten darf, wir wollen uns eben kurz zurückziehen, um uns eine neue Meinung zu bilden", warf die Frau ein. Wir stimmten dem zu und so gingen die Heiligen durch das Tor weiter zum Schloss, um sich zu besprechen. Wir standen nun da, als würden wir nicht wissen, was wir tun sollten. Doch dem war tats?chlich so.

  ?Irgendwie waren die drei wirklich unheimlich. Nur die Frau schien mir einigerma?en freundlich", meinte Jean, nachdem einige Zeit lang eine erdrückende Stille herrschte. Sie hatte ihre Brille abgesetzt und strich sich müde durch ihre dunkelbraunen Haare.

  ?Ja, es ist wirklich erschreckend. Alle davon besitzen eine erschaudernde Ausstrahlung. Dazu kam auch noch so eine Anspannung dazu, als Varis das Artefakt erw?hnt hat", fügte der entt?uscht auf dem Boden sitzende Igor hinzu. Auch ich nickte wieder und es wurde still. Nur Igor murmelte etwas in den sanften, leicht nach Blumen und frisch geschnittenem Gras riechenden Wind des Nachmittags:

  ?Macht das wirklich noch einen Sinn? Es ist doch so wichtig, dass wir mit Zoltrek reden. Scheitern wir jetzt schon am ersten Teil...?"

  Wir schauten bedrückt zu ihm runter, doch nach einiger Zeit durchbrach Leo schlie?lich das Schweigen:

  ?Leute, wir k?nnen hier doch nicht einfach rumsitzen und übers Aufgeben nachdenken. Ich habe auch Zweifel daran, ob sie uns durchlassen werden. Und genau deswegen sollten wir jetzt nicht schlapp machen, sondern viel mehr über m?gliche Auswege nachdenken. Aufgeben nützt doch nichts. Na los, lasst uns anfangen, nachzudenken!"

  Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen und schaute ihn an. Er hatte die Faust geballt und besa? einen ehrgeizigen Blick. Ich wusste, dass er dazu bereit war, gro?e Anstrengung zu leisten, nur um diese Welt zu retten. Und dazu geh?rte eben, sich mit dem K?nig in Verbindung zu setzen, da er der Einzige war, der wusste, wo der das erste Teil versteckt lag.

  Er hat recht. Wir müssen uns was ausdenken. Denn ich bin genauso wenig der Meinung, dass sie uns durchlassen werde, dachte ich.

  Ich würde zwar gerade lieber mehr über die drei erfahren, aber ja. Ich stimme ihm auch zu. Also? Was wirst du kluges K?pfchen dir dieses Mal ausdenken?, h?rte ich, wie Elisas Stimme mich neckend fragte. Ich schmunzelte leicht und schaute dann in die Runde.

  ?Ich bin der Meinung, dass wir uns sonst noch etwas in der Stadt erkundigen. Wer wei?, vielleicht gibt es ja Arch?ologen in der Stadt oder eben auch notfalls noch alte Freunde von Igor", sagte ich nun in einer nachdenklichen Position. Igor schaute mit neuer Hoffnung hoch.

  ?Ja das k?nnte sein. Mir f?llt zwar gerade keiner meiner Bekannten ein, aber Forscher k?nnte es geben", entgegnete er nun wieder etwas lauter und kr?ftiger. Wir sa?en so noch einige Minuten auf dem Weg und schauten der untergehenden Sonne zu, w?hrend wir auf die Heiligen warteten. Die Aussicht lockerte die Stimmung unter uns auf und gab dem Ganzen eine etwas entspanntere Atmosph?re. Etwas unterbewusst nahm ich den leichten Geruch von Vanille wahr und auf einmal h?rten wir das Quietschen von dem Tor zum Schloss und sahen, wie die drei Heiligen durchschritten. Wir standen auf, doch besa?en keine gro?e Hoffnung. Die Gesichter der beiden M?nner waren ausdruckslos, doch die Frau l?chelte leicht.

  ?Und? Was sagt ihr nun?", fragte Leo sie monoton, als wüsste er bereits die Antwort.

  ?Steht auf und kommt mit. Wir werden euch durchlassen", sagte sie in einem leicht feierlichen und ruhigen Ton. Wir sprangen alle mit einem Satz auf und schauten fassungslos die Frau an.

  ?Ist das wahr? Wir dürfen wirklich passieren?", fragte Igor v?llig erstaunt. Der silberne Zwerg nickte, richtete seine Brille mit der linken Hand und sagte dann:

  ?Folgt uns. Es wird schon so langsam sp?t und ihr sollt nicht im Kalten sitzen."

  Die Heiligen wirkten wie ausgewechselt. Freundlicher und auf uns zukommend. Auch das Gefühl der Gastfreundschaft wurde langsam aber sicher pr?sent. Ich verstand all das gerade geschehen immer noch nicht, w?hrend wir durch das leise quietschende Tor gingen, verstand es nicht, als wir dem wei?en Steinweg weiter folgten, der durch die untergehende Sonne golden leuchtete, verstand es auch nicht, als wir vor den ersten Wachen des Schlosses standen. Erst die brummende Stimme des Torw?chters befreite mich aus den Tiefen meines Ged?chtnisses.

  ?Wer sind die fünf, Auriel?", fragte der bewaffnete und gut gerüstete Zwerg.

  Also ist ihr Name Auriel. Gut zu wissen, schlussfolgerte Elisa.

  Ja, auf jeden Fall, antwortete ich ihr. Schlie?lich sagte Auriel zu der Wache:

  ?G?ste des K?nigs, Kommandant Thron. Wir haben sie durchgelassen."

  Ich staunte anhand der Tatsache, dass selbst am Eingang schon Kommandanten stationiert waren. Es zeigte mir eindeutig, dass das gesamte Schloss stark beschützt werden müsse. Der Kommandant nickte und ?ffnete den riesigen Eingangsflügel mithilfe der anderen, danebenstehenden Wache. W?hrend sich das Tor ?ffnete, war es, als würden nicht nur die majest?tischen Kronleuchter aus purem Gold, die von der Decke hingen die Halle beleuchten, sondern auch klare und helle Engelsstimmen. Als wir dann die Kathedrale betraten, sah ich den langgezogenen und k?niglich verzierten Hauptraum, der den Gro?teil des Geb?udes einnahm. Ich betrachtete staunend den gl?nzenden und fast schneewei?en Marmor, aus dem der Boden sowie die W?nde bestand, w?hrend die vergoldete Decke den warmen Ton des Lichtes reflektierte. Neben dem Hallen unserer Schritte h?rte ich, wie drau?en die oben am Geb?ude befestigte Glocken mit einem klaren Ton l?uteten. Mein Blick schweifte zuerst zwischen den ordentlich gebauten, wei?en S?ulen her zu der Wand des Geb?udes. Genau auf der H?he der Zwischenr?ume der S?ulen fand sich jeweils ein gro?es, reich verziertes Fenster, das leicht über dem Boden war und sich hoch bis zum Ende der Wand zog. Ich sah, wie die goldenen und warmen Strahlen der Abendsonne durch das klare Glas tanzten und den Raum mit einer sanften Berührung einen leuchtenden Glanz verlieh. W?hrend wir nun weiter über den waldgrünen Teppich gingen, der sich durch den gesamten Saal erstreckte, kamen wir langsam, aber sicher dem Thron und der darauf sitzenden Person n?her. Mit jedem Schritt verst?rkte sich das Gefühl der Ehrfurcht in mir und ich spürte, was für eine gro?e und m?chtige Ausstrahlung der K?nig von Farwell besa?. Als der Teppich sein Ende fand, erstreckte sich ein halbrunder Raum vor uns, der von zwei kolossalen Steinstatuen bewacht wurden. Sie waren aus einem noch helleren und feineren Stein gemacht als der Rest der Kathedrale und zeigten zwei kniende Zwerge in m?chtigen Rüstungen. Beide hatten ihre H?upter geneigt und ihre Waffe, die bei dem linken eine gro?e, zweischneidige Axt und bei dem rechten ein breites Schwert war, in einer Hand haltend auf ihrem Knie abgelegt. über dem Thron hingen sieben Banner, die in einer leicht ansteigenden Pyramide angeordnet waren. Zuerst kam ein bronzenes Banner, dann ein silbernes, ein goldenes und an der Spitze ein Banner, das zwar silbrig war, jedoch in türkisen und rosaroten Farben metallisch schimmerte. Als ich wieder zu meinen Fü?en schaute, sah ich den Aufgang zu dem Podest des K?nigs. Er bestand aus einer Treppe aus fünf Stufen, wobei jede aus einem anderen Material bestand. Die erste war aus Jade, die freudig und lebendig leuchtete, so grün wie die Wiesen dies Landes. Die zweite Stufe bestand aus rotem Jaspis, der dieselbe Farbe hatte, wie die Pilze der Ebenen, die als W?lder neben D?rfern der Ebenen standen. Die dritte bestand aus Lapislazuli, der so blau war, wie der See, der sich neben dem Haus von Gemini erstreckte und mich bei der Erinnerung fragte, was er wohl nun in diesem Moment t?te. Die beiden letzten bestanden aus Bernstein und Quarz. Sie erinnerten mich an das Licht der Sonne, des Mondes und der Sterne, die bei Tag und bei Nacht die Ebenen erleuchteten. Das Podest des Thrones war aus dem mir unbekannten hellen Stein, sowie aus schwach violett leuchtendem Obsidian in einer Art Schachbrett Muster gefertigt. Und auf diesem Podest stand der Thron des K?nigs, der ebenfalls ein erhabenes Aussehen besa? und genau passend gestaltet war. Die Fü?e bestanden genau wie der Boden aus Obsidian, wobei der Sitz, die hohe Rückenlehne und die Armlehnen gr??tenteils aus dem hellen Stein und Akzente aus dunklem Obsidian in sich trugen. Doch dann schaute ich genau auf die Person, die auf diesem Sitz sa? und die den gesamten Raum mit einem erwartungsvollen Blick überschaute.

  ?Zoltrek, alter Freund. Na, wie geht's dir?", sagte Igor freundlich und hob zur Begrü?ung die Hand. Doch auf einmal sah ich wieder diesen aggressiven, kampfeslustigen Blick in den Augen von Branor und dem silbernen Zwerg, der jedoch sofort wieder verschwand als auch der K?nig von seinem Thron aufstand und die fünf Stufen mit ebenfalls erhobener Hand hinunter ging. Seine feurigen, rot-orangenen Augen funkelten den zwei Heiligen entgegen, fast schon als würde er sie warnen wollen, jedoch wandte er seinen Blick sofort wieder Igor entgegen. W?hrend er die Stufen eine nach der anderen nahm und seine Rüstung aus farbig schimmerndem und gl?nzendem Platin klapperte, nahm er seine silbrige und pr?chtige Krone von seinem Haupt und Strich sich mit seinem Plattenhandschuh durch seine ordentlich in der Mitte gescheitelten Haare. W?hrend er mit Rechts die Krone hielt, die an jeder Spitze mit einem Stück Obsidian geschmückt war, glitten seine Haare sanft, fast schon wie eine Flüssigkeit durch seine Finger. Seine Haarpracht, die knapp über die H?lfte seiner Ohren ging, war zweifarbig: links von mir Mahagoni braun, rechts ein dunkles Blond. Er setzte sich die Krone wieder auf und rückte seinen Handschuh zurecht. Als er dann an mir vorbei ging, nickte er mir mit einem L?cheln freundlich und begrü?end zu. Ich nickte etwas z?gerlich und sah dann das lange, ebenfalls waldgrüne Cape, das gerade noch so über dem Boden war und an seinen Schultern befestigt war. An den R?ndern vom Cape fand sich ein helles Fell, das ebenso die Umrandung des Schulterschutzes darstellte. Nachdem er den breit l?chelnden Igor dann mit dem mir nun schon bekannten und doch noch furchteinfl??enden Handschlag begrü?t hatte, ging er zu mir, da ich direkt neben Igor stand, schaute mich gastfreundlich an und streckte mir die Hand entgegen. Sein Bart, der ebenfalls die Zweifarbigkeit seiner Haare besa?, war zu einem dicken Zopf geflochten und wehte leicht im Wind, der gerade durch ein kleines, offenes Fenster str?mte. Am Ende dieses Zopfes war ein Amulett eingebunden, in dem ein klarer, freudig schimmernder Bergkristall sa?. Ich drückte seine Hand und stellte mich vor:

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  ?Mein Name ist Varis, es ist mir eine Ehre, sie kennenzulernen."

  Der K?nig und Igor fingen an zu lachen und schlie?lich sagte Zoltrek dann:

  ?Ach lass die F?rmlichkeiten und diese geschwollene Ausdrucksweise. Ihr Menschen müsst immer so um den hei?en Brei reden. Du bist ein Freund von Igor, da kannst du ruhig Zoltrek zu mir sagen."

  Nachdem er uns alle einen nach dem anderen freundlich begrü?t hatte, wobei meine Freunde genauso z?gerlich damit umgingen ihn mit seinem Vornamen anzusprechen, wie ich, fragte der K?nig unseren Zwergenfreund nun:

  ?Lass mich raten, Igor, du bist doch nicht einfach vorbeigekommen, um Hallo zu sagen, hab ich recht?"

  Igor nickte und wurde mit einem Mal unglaublich ernst. Ich spürte, wie wichtig ihm seine Heimat war.

  ?Nein", antwortete er dann, den Blick fest zu Zoltrek gerichtet.

  ?Nein ich bin nicht nur deswegen gekommen. Wie du mit Sicherheit schon mitbekommen hast, hat Thora wieder angefangen zu wüten, diesmal schlimmer als davor. Viel schlimmer. Karnon ist wahrscheinlich schon fast komplett unter ihrer Kontrolle. Ich m?chte mir nicht vorstellen, was sie mit all den Menschen, Zwergen und auch den letzten überlebenden, noch in Karnon hausenden Lycanons macht. Ich erinnere mich nur sehr ungern, was vor fünf Jahren mit diesem Volk passiert ist und wie sehr sie gelitten haben, gerade weil zu meinem neuen Freunde nun eben auch jemand von ihnen geh?rt."

  Ich schaute besorgt zu Venys, da ich schon erfahren hatte, wie sehr sie dieses Thema betraf. Doch sie stand kerzengerade und standhaft da, auch wenn sich ein paar Tr?nen in ihren strahlend blauen Augen entwickelten. Sie biss sich auf die Unterlippe und behielt trotzdem den Blick entschlossen nach vorne. Der K?nig lie? seinen Blick langsam durch unsere Gruppe schweifen, nickte mit einem betroffenen Ausdruck und erwiderte dann:

  ?Verstehe. Doch was hast du jetzt vor? Wie willst du es schaffen, Karnon zu retten?"

  Igor schaute ihm tief in die Augen, als würde er ihm etwas telepathisch mitteilen wollte. Er atmete ein und antwortete dann:

  ?Wir wollen das Artefakt der Zehn wieder zusammensetzen. Deswegen sind wir hier. Wir haben gehofft, dass du uns Helfen kannst, das Teil von Farwell zu bekommen."

  ?Das ist typisch für dich. Aber ich traue es dir zu, das steht fest."

  Er hielt inne und schloss die Augen. Ich h?rte, wie leises Vogelgezwitscher, das durch eines der offenen Fenster t?nte, die Stille zu Teilen durchbrach. Es schien, als würde Zoltrek den Tieren und der Natur, sowie den Menschen in den St?dten und D?rfern zuh?ren, um sich eine Meinung zu bilden. Als ich zu meinen Freunden schaute, waren auch sie sprachlos. über dem ganzen Raum lag eine teils gedrückte, teils jedoch auch hoffnungsvolle Stimmung. Wir alle schauten mit einer tiefen Hoffnung zu Zoltrek. Mit einem Mal tat er jedoch langsam wieder die Augen auf. Alles war still. Auch die V?gel und der Wind schienen innezuhalten, gespannt auf die Antwort des K?nigs. Ich sah, wie er zu Igor schaute und dann sagte:

  ?Na gut. Ich werde euch helfen."

  Sofort l?ste sich das bedrückende Gefühl auf. Mein Blick schweifte zu Luna, Leo und Jean, zu Venys und zu Igor. All ihre Gesichter spiegelten eine freudige Erleichterung wider. Es war, als würde ich genau wissen was sie denken.

  Geschafft!, triumphierte auch Elisa. Ich hatte gespürt, wie angespannt selbst sie war.

  Du wei?t was das bedeutet, oder Kleiner? Das ist der erste Schritt zu unseren Ziel!, freute sie sich.

  Seit wann willst du denn das Artefakt der Zehn wieder zusammensetzen?, fragte ich sie etwas verwundert. Sie antwortete mir direkt:

  H?r mal, ich kann eh nicht mehr von dir weg und an sich, wenn ich das mal so ehrlich sage, habe ich auch nichts dagegen, die Stadt von diesen Borgons zu befreien.

  Ich nickte und schaute wieder zu Zoltrek. Er hatte eine nachdenkliche Haltung eingenommen und schaute etwas zur Seite, als würde er Igors Blick absichtlich meiden.

  ?Es gibt halt nur 'nen kleinen Haken an der Sache", sagte er mit einem leicht nerv?sen Lachen, w?hrend er sich durch seine zweifarbigen Haare fuhr. In mir breiteten sich Zweifel aus. Zweifel an der Realisierung unseres Zieles.

  ?Und dieser w?re?", fragte Igor den K?nig direkt. Zoltrek Strich sich nun immer schneller durch die Haare und den Bart, bis er dann schlie?lich auf Igors Frage antwortete:

  ?Ja also, dass ist so ne Sache mit so 'ner Art Sicherung, die die Zehn bei diesem Teil eingebaut haben. Das Teil wird n?mlich von 'ner magischen Kuppel umgeben und die kannst du eben nur betreten, wenn du an den W?chtern davor vorbeikommst. Und für K?nige ist dies eben unm?glich. Gleiches gilt eben auch für Leute, die b?se Absichten mit dem Teil haben."

  ?Das ist zwar schade, dass du nicht mitkommen kannst, aber ich denke, wir sollten das trotzdem schaffen", gab Igor entschlossen zurück. Wir nickten alle zustimmend.

  Na dann ist das ja schon mal beschlossen, dachte ich, als ich pl?tzlich Schritte von der Seite h?rte. Abermals vernahm ich den Geruch von sanfter Vanille in meiner Nase.

  Sag mal Elisa. Ich bilde mir diesen Geruch doch nicht ein, oder?, fragte ich deshalb Elisa. Sie erschien vor mir und sagte, w?hrend sie die Heiligen etwas nachdenklich betrachtete:

  ?Ich bin mir sicher, dass einer hiervon die Quelle ist."

  Ich nickte leicht und folgte mit meinem Blick den drei Gestalten, die sich gerade vor uns stellten. Die Rüstung des Zwerges klapperte leicht, als er dem viel h?her gewachsenen Elf mit schnellen Schritten folgte. Ich sah, wie die Heiligen sich alle mit einem festen Blick vor Zoltrek stellten und sich gleichzeitig vor ihm niederknieten. Ich stutzte und fragte mich, was die Heiligen wohl vorhatten.

  ?Branor, Sylrok, Auriel. Was habt ihr? Seid ihr gegen meine Entscheidung?", fragte der K?nig die Heiligen mit einem leicht erstaunten Ton. Der Zwerg, der von Zoltrek Sylrok genannt wurde, schüttelte den Kopf etwas und antwortete ihm mit seiner kratzigen Stimme:

  ?Meine Hoheit. Lass uns bitte mit diesen Abenteurern mitreisen. Wir wollen ihnen Geleit geben und ihnen helfen, ihre Suche erfolgreich auszuführen."

  Ich sprang fast vor Verwunderung etwas nach hinten. Die überraschung, dass gerade die, die uns so lange vollkommen abgelehnt hatten, uns an diesem Punkt helfen und beschützen wollen, war zu gro?, um zu realisieren, was gerade passiert ist.

  ?Dann tut das", antwortete der K?nig der Ebenen ohne zu z?gern. Ich spürte, wie sehr er den Heiligen vertraute und war beeindruckt von der starken Loyalit?t beider Seiten.

  ?Lasst uns dann morgen gegen Mittag aufbrechen. Das sollte uns allen passen, oder?", erwiderte Igor, scheinbar unberührt von dem pl?tzlichen Gemütswechsel der Heiligen. Er schaute dann zu uns, um unsere Reaktion abzuwarten.

  ?Varis, was sagt ihr?", fragte er mich und ich hatte das Gefühl, dass nicht nur mich, sondern auch Elisa ansprach, es jedoch so tarnte, dass es so schien, als würde er mich und meine Freunde fragen.

  Elisa? Was sagen wir?, fragte ich sie deshalb innerlich. In meinem Kopf sah ich, wie sie nachdenken mit ihren feinen Fingern über das Fell ihres Mantels fuhr.

  Wir sagen, dass es klar geht, auch wenn ich den Dreien eben noch nicht absolut vertraue. Dafür müsste ich noch besser verstehen, wie sie ticken. Aber trotzdem k?nnen sie uns zu einhundert Prozent unterstützen und das ist ja grunds?tzlich der Punkt der ganzen Sache, antwortete sie mir. Ich nickte subtil und erwiderte dann Igor:

  ?Wir sind einverstanden, auch wenn noch etwas Misstrauen da ist."

  Die anderen stimmten mir zu und so erhoben sich die drei Heiligen auch wieder. Auriel ging auf Igor zu, reichte ihm die Hand und sagte schlie?lich:

  ?Dann sei es so. Auf gute Zusammenarbeit."

  Igor z?gerte etwas, doch nahm dann ihre Hand mit einem festen Griff. So verabschiedeten wir uns von Zoltrek und den anderen und machten uns abermals auf den Weg durch die lange, pr?chtig verzierte Halle. An dem Tor angekommen durchschritten wir es und betraten die Welt, die langsam in Dunkelheit getaucht wurde. Es war sp?ter Abend und die letzten farbigen Strahlen des Sonnenaufgangs verschwanden immer mehr im Westen und nahmen den dunkelbl?ulichen, fast schwarzem Ton der Nacht an. W?hrend ich in die langsam auftauchenden Sternen schaute, versuchte ich zu begreifen, warum die Heiligen sich uns angeschlossen haben. ?Was denkt ihr Leute? Warum um alles in der Welt wollten die drei uns helfen? Davor haben sie uns ja ausnahmslos abgelehnt", fragte ich meine Freunde ratlos. Jean und Luna schüttelten beide den Kopf, woraufhin Leo meinte:

  ?Keine Ahnung, ehrlich. Es ist mir auch überhaupt nicht zu beantworten, was pl?tzlich in die gefahren ist."

  ?Ich hatte bis zu dem Zeitpunkt tats?chlich aber auch das Gefühl, dass au?er dieser Auriel wirklich keiner der Drei uns auch nur ansatzweise akzeptiert hatten", fügte Venys nachdenklich hinzu, die ebenfalls die auf der Leinwand der Nacht blinkenden Himmelsgebilde mit strahlenden Augen beobachtete. Auch Igor meldete sich daraufhin zu Wort:

  ?Aber lasst uns das halb volle Glas sehen. Immerhin haben wir so mehr Verst?rkung und tatkr?ftige Mitglieder, falls es doch mal brenzlig wird."

  ?Elisa war derselben Meinung. Sie sagte, dass es sich bestimmt lohnen wird, mit ihnen zusammen zu arbeiten. Lasst uns einfach mal abwarten und schauen, was so passiert", meinte ich dann. W?hrend wir weiter gingen, beobachteten wir das Schauspiel der natürlich und künstlichen Lichter, die Fangen mit der Dunkelheit spielten. Eine Lampe nach der anderen ging an, und das n?chtliche Treiben der Stadt nahm Stück für Stück zu. Scheinbar von diesem Bild motiviert, sagte Leo auf einmal voller neuem Elan:

  ?Sehr ihr das? Die Nacht ist noch mehr als jung, Freunde! Also, worauf warten wir, lasst mal gucken, was wir noch so machen k?nnten!"

  ?Ja du hast recht! Da f?llt mir aber gerade auch schon ein erster Punkt ein: lasst uns die Belohnung für den Auftrag, den wir in Silvenhügel erfüllt haben abholen", schlug Jean freudig vor. Die anderen und ich waren begeistert von der Idee, vor allem eben auch, weil wir es zum Teil schon fast vergessen hatten. So stimmten wir Jean also zu und gingen ohne noch mehr über die Heiligen nachzudenken in Richtung des Magierviertels. Die Stra?en der Stadt waren selbst bei Nacht noch belebt und zwischen den Lichtern der Laternen f?nden sich viele Personen zusammen, um sich mit Freunden zu treffen, oder auch bei den auffindbaren H?ndlern beim Marktplatz noch etwas zu kaufen. Als wir in dem Viertel ankamen sahen wir, dass nur noch in wenigen H?usern Lichter brannten und hatten auf einmal leichte Bedenken.

  ?Hoffentlich hat die Vermittlungsstelle noch auf", meinte Venys von ihrer Energie leicht beraubt. Igor jedoch, der übrigens mit Sicherheit einen Kopf kleiner als sie war, klopfte ihr auf die Schulter oder eher das Schulterblatt und sagte aufmunternd:

  ?Keine Sorge, die haben ganztags Schichten, da ist immer jemand da."

  Und er hatte recht damit. Als wir n?mlich ankamen und durch die aufgeschlossene Tür in den gut beleuchteten und bequem aussehenden Raum schauten, stand ein vornehm gekleideter Zwerg noch hinter der Aufnahme.

  ?Hallo Abenteurer! Was führt euch in dieser sp?ten Stunde noch zu uns?", begrü?te er uns freundlich und mit offenen Armen.

  ?Guten Abend!", gab ich fr?hlich zurück.

  ?Wir wollten eine Belohnung von einem erfüllten Auftrag abholen."

  ?Ah, dann ist dieser spontane Besuch ja vollkommen verst?ndlich. Wie ist denn Ihr Name?", fragte der Zwerg uns, nachdem er einen seiner violetten ?rmel zurechtrückte und mir durch sein Monokel zuzwinkerte.

  ?Varis Theranor", antwortete ich ihm, woraufhin er ein Buch aufschlug und nach meinem Namen suchten. Nach kurzer Zeit schien er ihn dann gefunden zu haben uns sagte:

  ?Ah hier haben wir es. Ein Monster-beseitigungs Auftrag in Silvenhügel. Ich habe schon durch die Geflüchteten und überlebenden von dem Angriff der Schattenj?ger geh?rt. Ich bin froh, dass ihr sie besiegt habt. Aber haben sie denn trotzdem noch den Auftragszettel vorliegen?"

  Ich nickte und suchte kurz in meiner Umh?ngetasche, bis ich dann den Zettel fand und ihn dem Zwerg vorlegte. Er nahm sich ihn, schaute ihn sich kurz an und sagte daraufhin:

  ?Jup, das passt so. Hier ist dann eure Belohnung von dreihundertfünfzig Mirion."

  So legte er uns dann einen Eisblauen und drei Roten Kristalle auf den Tisch.

  ?Vielen Dank ihnen!", erwiderte ich und holte aus meiner Tasche einen braunen Stoff Beutel. Doch bevor ich die Kristalle, die das Licht der Lampe in einem bunten Muster reflektierten, in dem Beh?lter verstaubte, erinnerte ich mich an unseren Auftrag zurück, an den Kampf gegen die Schattenj?ger und wie Elisa uns geholfen hatte, wenn es auch so ziemlich knapp für Leo wurde. Ich erinnerte mich aber auch an Jiron, der uns freundlich aufgenommen hatte und uns geholfen hatte, Leo wieder aufzup?ppeln. Ich l?chelte leicht und verstaute das Geld schlie?lich in meinem Beutel und diesen in der Tasche.

  ?Der Dank liegt ganz bei mir. Ohne euch w?re dieses Dorf jetzt verloren. Wisst ihr, meine Familie lebte n?mlich dort und konnte gerade so noch fliehen. Aber so k?nnen Sie auch wieder zurück in ihre Heimat. Vielen Dank, wirklich. "

  Mit einem glücklichen Gesicht streckte er seine Hand aus, woraufhin ich zwar für einen Augenblick durch die überraschung etwas z?gerte, dann jedoch aber seine Hand nahm und sie l?chelnd drückte.

  Mit einem Nicken verabschiedeten wir uns von ihm und machten uns auf den Weg zur verrückten Henriette. Langsam aber sicher wurde es tiefe Nacht und die Sonne zog die Decke des Horizonts immer weiter über sich und leitete so die dunkle Nacht ein. An ihrer Stelle tauchten nun der Mond und seine Gefolgschaft an Sternen aus ihrem Versteck auf und beleuchteten diese Welt mit ihrem Matten Licht. W?hrend wir zurück zum Gasthaus gingen, blieben wir alle still, verarbeiteten die Geschehnisse der letzten Tage, die uns durch das Gespr?ch mit dem Zwergenvermittler noch einmal st?rker bewusstwurden. Wir bildeten uns eine Meinung über die Heiligen und bereiteten uns vor allem mental auf die Reise vor, die am kommenden Tag ihren Anfang fand. Die Suche nach dem ersten Teil des Artefaktes, das das Schicksal dieser und vielleicht auch noch vielen anderen entscheiden wird, stand kurz bevor.

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