?Was geht hier vor sich?“, h?rte sie Tatinne fragen, welche in das Zimmer kam. Beide zuckten zusammen. Sie hatten sie nicht h?ren kommen. Das verwunderte Etienne nicht, Tatinne war sehr leise, wenn sie es wollte.
?Diese junge Dame bedroht mich auf deinem neutralen Gebiet“, sagte Raffael beschwerend und Etienne sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. Er blinzelte ihr daraufhin überheblich l?chelnd zu. Ihr Blut kochte.
Tatinne antwortete, ?So, wie ich meine Nichte kenne, wird sie einen sehr guten Grund gehabt haben. Und so wie ich dich kenne, bist du wahrscheinlich selbst schuld.“
Etienne spürte, wie der Djinn auf ihre Schulter kletterte. Seine Krallen bohrten sich in ihre Haut. Er schmiegte sich vorsichtig an ihre Wange und sie streichelte beruhigend seinen Kopf. Er müsste ihre Wut gespürt und die Situation als bedrohlich aufgefasst haben. Etienne erinnerte sich nicht, ob sie in seiner Anwesenheit schon mal wütend gewesen war. Sie waren noch nicht lange zusammen. Erst ein paar Monate.
?Dennoch sollte ich hier nicht bedroht werden?“, sagte Raffael belustigt.
Tatinne seufzte, ?Du kannst ihm hier nicht drohen, Etienne. Und du l?sst meine Nichte in Ruhe oder ich verbiete dir in mein Haus zu kommen.“
"Deine Nichte also“, meinte Raffael mit einem leichten Schnauben.
Sie ging in die Küche und beachtete die beiden nicht. Der Djinn flog neugierig zu ihr und betrachtete die Tüten, welche sie mitgebracht hatte. Sie machte sich daran, die Eink?ufe auszupacken und schob den Kater immer wieder mit der Hand weg. Etienne vermerkte sich im Hinterkopf, dass sie den Djinn nicht allzu oft allein lassen sollte. Er war zu neugierig. Es war aber wahrscheinlich auch das erste Mal, dass er an einem zivilisierten und modernen Ort war. Etienne hatte auf ihrer Reise die St?dte gemieden und sie bezweifelte es, dass er vor seinem Treffen mit ihr, je den Wald verlassen hat, in dem er von seinen Eltern versteckt wurde.
?Willst du uns nicht etwas mehr vorstellen?“, fragte Raffael. Etienne wollte erwidern, dass das nicht n?tig w?re, aber Tatinne fing, ohne sich umzudrehen, mit einer gelangweilten Stimme zu sprechen an, ?Das ist Etienne. Etienne, das ist Raffael.“
Raffael verdrehte hinter ihrem Rücken die Augen, ?So weit waren wir gestern schon.“
?Wenn du mehr wissen willst, finde es selbst heraus. Meine privaten Angelegenheiten gehen dich nichts an. Und Etienne ist meine private Angelegenheit“, sagte Tatinne.
?Das wage ich anzuzweifeln“, erwiderte Raffael, ?erst recht, nachdem es deine Nichte ist, welche Teil der Vorhersehung ist.“
Tatinne ?ffnete den Kühlschrank und fing an, die Sachen darin zu verstauen, ?Du wei?t, wie es l?uft. Setze eine begründete Beschwerde an und ich überlege es mir.“
Etienne l?chelte zu ihm herüber, ?Wie schade.“
Seine Augen wanderten wieder zu ihr, nun nicht mehr l?chelnd. Doch es kehrte schnell wieder zurück und sie wusste, dass es daran lag, dass sie, nicht wie Tatinne, bei ihrem Gespr?ch mit ihm komplett versagt hatte. Immerhin steckte er es ihr nicht, denn sonst würde sie ihn aus dem Fenster werfen. Zu wissen, dass er ihr in einem echten Kampf komplett unterlegen w?re, lie? ihr etwas Ruhe und sie erwiderte sein Grinsen herausfordernd.
?Gib mir den Stein“, verlangte sie noch einmal.
?Nein“, erwiderte er.
?Dann kannst du ja wieder gehen.“ Etienne hatte kein Interesse das Gespr?ch weiter aufrechtzuerhalten, nicht so lange sie vorher nicht mit Tatinne gesprochen hatte.
Er blickte wieder zu Tatinne, die mit dem Rücken zu ihnen stand und sagte dann, ?Ich bin hier, weil ich mit der Spinne sprechen will. So viel steht mir zu.“
Tatinne lachte, ?Oh, ich hab schon eine gute Vorstellung, worüber du reden willst. Nur zu schade, dass ich heute keine Zeit habe. Denn wie du siehst, ist meine Nichte heute da, welche ich sonst selten zu Gesicht bekomme. Komm morgen wieder.“
Sein L?cheln verschwand und Etienne verspürte Genugtuung. Tatinne lie? sich von niemandem herumschubsen.
?Wie lange hast du vor zu bleiben, Etienne?“, fragte Tatinne sie.
Nicht lange, dachte sie.
?Ich habe die Hoffnung, bald wieder gehen zu k?nnen.“
Als Raffael zu lachen anfing, funkelte sie ihn wütend an und er hob beschwichtigen die H?nde, ?Du kannst natürlich auf den Stein verzichten. Oder wir setzen den Vertrag auf.“
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Sie kniff die Augen zusammen. Er hatte wirklich nicht vor, ihr den Stein zu übergeben. Blieb herauszufinden, was er dann wollte. Für den Moment schien es Zeit zu sein, anders konnte sie sich dieses Gespr?ch nicht erkl?ren.
?Du wirst keinen Vertrag mit ihm aufsetzen“, sagte Tatinne und sah nun wachsam zwischen ihnen.
?Das hatte ich nicht vor“, sagte Etienne verteidigend. Jetzt hatte er sogar dafür gesorgt, dass sie inkompetent vor Tatinne dastand.
Etienne hatte sowieso die Vermutung, dass, selbst wenn sie darauf eingehen würde, er versuchen würde, sie an einen nicht limitierten Zeitraum zu binden. Ihr fielen auch weitere Sachen ein, die er machen konnte, um es für sie so sehr zum Nachteil auszulegen, wie nur m?glich. Und sie traute sich nicht zu, all die kleinen Fallen zu entdecken. Etienne war einfach nicht für Verhandlungen geschaffen. Was auch immer er von ihr wollte, er hatte zun?chst dafür gesorgt, dass sie in der Stadt blieb.
Tatinne blickte weiter zwischen ihnen, ?Wie kam es überhaupt zu dem Gespr?ch über dieses Thema?“
Etienne wollte es ihr nicht sagen. Doch sie seufzte und sagte es ihr, konnte selbst nicht verhindern, dass sie sich wie ein jammerndes Kind anh?rte, ?Er hat mir den Stein der Austreibung weggenommen.“
Tatinne sah sie kurz verwirrt an und dann sah Etienne Verst?ndnis in ihrem Gesicht aufleuchten, ?Ah.“
Sie blickte wieder zu Raffael, welcher ihren Blick erwiderte, ?H?tte ich gewusst, dass du so eine Plage bist, h?tte ich es dir anders erz?hlt.“
Er verschr?nkte die Arme vor der Brust, ?Ich sehe das Problem nicht. Bisher l?uft alles, was du vorhergesagt hast, genau so ab.“
Tatinne l?chelte und diesmal beobachtete Etienne, wie er sich anspannte, w?hrend er versuchte einen unbeschwerten Blick beizubehalten. Nun war es an ihr, ihn genau zu betrachten und sie entdeckte eine nerv?se Geste. Er rieb sich mit dem Zeigefinger die Nagelhaut am Daumen.
Dann blickte Tatinne l?chelnd zu Etienne, ?Ein Aufenthalt auf unbestimmte Zeit also. Wie w?re es, wenn ich dich auf die Schule anmelde, auf welche diese kleine Plage geht.“
Etienne verzog das Gesicht, ?Was soll ich denn da?“
?Das ist eine fabelhafte Idee“, sagte Raffael auf einmal strahlend. Etienne blickte wachsam zu Tatinne. Das h?rte sich nicht danach an, als k?nnte sie bald wieder verschwinden. Eher nach dem Gegenteil und das wollte sie vermeiden.
Tatinne l?chelte ihn lauernd an, ?Das wirst du nicht lange denken.“
Dann sah sie wieder zu Etienne, ?Ich biete dir nur eine M?glichkeit. Ob du sie nutzt, liegt an dir. Mal abgesehen davon, wenn das ein l?ngerer Aufenthalt werden sollte, will ich dich nicht die ganze Zeit in meinem Haus haben.“
Etienne schnaubte l?chelnd, ?Oh, das tut mir aber leid. Mir war nicht bewusst, dass wenn ich dich mal besuche, ich dir so zur Last falle.“
Ganz flüchtig gefror Tatinnes L?cheln und Etienne bereute ihre Worte. Doch der Moment verflog so schnell, wie er gekommen war und Tatinne zuckte mit den Schultern, ?Mein Haus, meine Regeln.“
?Das h?rt sich aber jetzt nicht mehr so an, als h?tte ich eine Wahl“, sagte Etienne.
?Wenn du es in meine Klasse schaffst“, sagte Raffael, ?k?nnte ich mich dazu verleiten lassen, die Bedingungen etwas zu ?ndern.“
Sie sah wieder zu ihm, ?Steck dir das sonst wohin.“
Etienne wusste es nun besser. Das würde bei ihm alles M?gliche bedeuten und am Ende h?tte sie nichts gewonnen. Auf eine Lockung mit einem leeren Versprechen würde sie nicht eingehen.
?Ich k?nnte dich den Test heute machen lassen“, sagte Tatinne, ?Merlian schuldet mir noch was.“
Etienne seufzte, ?Wie soll mir das helfen?“
Tatinne erwiderte l?chelnd ihren Blick, ?Vertrau mir Etienne Schatz, es ist genau die Klasse und der Ort, an welchem du jetzt sein willst.“
?H?rt sich nach einer Vorhersage an“, sagte Raffael.
?Nein“, erwiderte Tatinne l?chelnd, ?das ist keine. Nur ein Ratschlag.“
?Was für ein Test?“, fragte Etienne seufzend, ?Muss ich jemanden umbringen?“
Raffael hob mit einem überraschten Lachen die Augenbrauen, ?Wofür h?ltst du diese Schule?“
Tatinne widmete sich wieder ihrer Küche zu und erkl?rte ihr, ?Ein Test um dein K?nnen in verschiedenen F?chern einzusch?tzen. Die Klassen sind geordnet, um alle Schüler auf ihren Ebenen zu f?rdern. Je besser du abschneidest, in desto mehr f?rdernde Klassen kommst du.“
?Beeindruckend“, meinte Etienne trocken.
Raffael stand auf und Etienne entdeckte verschiedene Waffen unter seiner Jacke, ?Ich gehe davon aus, dass ich dich morgen wiedersehen werde“, sagte er an sie gewandt und Etienne l?chelte genervt. Es schien ihn nicht zu kümmern.
Stattdessen wandte er sich der Tür zu und sagte weiter, ?Das Gespr?ch würde ich noch einmal aufgreifen, Tatinne. Ich werde dir demn?chst schreiben.“
?Lass dir Zeit“, sagte Tatinne trocken.
Sein Blick fiel auf den Djinn, welcher in eine Papiertüte gekrabbelt war und sie alle von dort aus beobachtete. Etienne spannte sich an, als Raffael ihn wachsam betrachtete. Doch sein Blick wanderte dann weiter zu ihr, ?Bis morgen. Es war mir eine Freude.“
Sie sagte nichts dazu und beobachtete ihn dabei, wie er den Raum verlie?.
Als sie unten die Tür zufallen h?rten, wandte sich Tatinne seufzend an Etienne, ?Wie genau verlief das Gespr?ch?“
Etienne erz?hlte ihr alle Einzelheiten.
?Deswegen werfe ich ihn immer raus“, sagte Tatinne, noch einmal schwer seufzend, ?Damit ich mir genau diesen Schwachsinn nicht von ihm antun muss. Er ist sehr aufmerksam. Und schaut ganz genau hin. Eine Plage durch und durch.“
?Das war mir gar nicht aufgefallen“, meinte Etienne trocken. Sie mochte es nicht, welches Licht die Situation auf sie warf. Etienne gab sich vor ihren Familienmitgliedern ungern die Bl??e.
?Mach dir nichts draus“, sagte Tatinne, ?Du wirst viele M?glichkeiten bekommen, das wieder hinzubiegen. Mal abgesehen davon denke ich aber, dass du wirklich viel Spa? an der Schule haben k?nntest. So etwas hast du noch nicht erlebt. Ziehe dich an, wir werden ein paar Besorgungen für dich erledigen. Und auf dem Weg erz?hle ich dir alles, was du wissen musst.“