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Kapitel 10: Misstrauen

  Wie konnte ich nur Zyar und Sylas so sehr vertrauen, dass ich ihnen ohne zu z?gern in eine andere Dimension folgte? Sie behaupteten, ich sei die rechtm??ige Anw?rterin auf den Thron von Elindros, ein Recht, auf das die Losniws vor langer Zeit verzichtet hatten. Doch wer garantiert mir, dass die Velqorins keine verborgenen Absichten verfolgen, die letztlich der Mehrheit der Elindine schaden k?nnten?

  Zun?chst wurde mir gesagt, die Losniws dürften den Thron niemals besteigen, da sie durch eine uralte Bindung an den Sonatius Mortaeda daran gehindert würden. Und jetzt will Zyar mir weismachen, Eldralith Entium habe all die Jahre gelogen, um den Frieden zu bewahren? Warum sollte ein so junges M?dchen ein solches Opfer bringen? Warum konnte ausgerechnet sie, unter all den Losniws, die Pr?senz des Sonatius Mortaeda spüren?

  Ich sehe auf das Buch in meinen H?nden, dessen Gewicht mir zunehmend wie eine Last erscheint. ?Ich denke nicht, dass ich diesem Monster als Gef?? dienen m?chte. Es ist eine Bürde, die mir auferlegt wurde, aber nie für mich bestimmt war.“

  ?Auch wenn das wahr ist, wei?t du, dass der Sonatius Mortaeda keinen weiteren Wechsel des Gef??es erlauben wird“, erinnert Zyar mich an seine Worte. Doch wie sehr kann ich ihm vertrauen? ?Ich wei?, dass dich viele Fragen besch?ftigen. Aber ich brauche jetzt meine Ruhe. Sylas, begleite Vespera bitte in ihr Zimmer.“

  Zyar l?sst mich nicht einmal ausreden. Er erhebt sich von seinem Einzelsofa und tritt hinaus in den Garten.

  ?Du brauchst auch deine Ruhe“, sagt Sylas mit sanfter Stimme. Dieses L?cheln…! Es treibt mich in den Wahnsinn. Wenn ich diesen beiden Elindine nicht trauen kann, warum fühle ich mich dann so wohl in Sylas’ N?he? Wie schafft er es, meine Wut zu bes?nftigen? Liegt das am Blutpakt, den wir geschlossen haben? Oder habe ich mich tats?chlich ein wenig in ihn verliebt? Damals im Schloss dachte ich, es l?ge nur daran, dass er mir jene Aufmerksamkeit schenkte, die mir all die Jahre verwehrt blieb. ?Morgen k?nnen du und Vater eure Streitigkeiten fortsetzen.“

  Ich werfe einen letzten nachdenklichen Blick zur Terrassentür. Gegenüber dem Kamin führt eine breite Treppe ins obere Stockwerk. Doch Sylas lenkt mich zu einer Wendeltreppe, die wir erreichen, nachdem wir das Wohnzimmer verlassen haben. Der Flur in diesem Haus ist lang und schmal, an den W?nden h?ngen zahlreiche Gem?lde in pr?chtigen Farben. Eines davon zeigt das Anwesen der Velqorins, doch die Fassade ist nicht schwarz, sondern in einem warmen Sandton gehalten, der den Eindruck erweckt, man stünde am Strand und blicke auf das Meer – oder, wie in diesem Gem?lde, den Himmel.

  ?Die Gem?lde sind alle von mir“, bemerkt Sylas, der wohl meine bewundernden Blicke bemerkt hat. ?Früher habe ich oft gemalt, w?hrend mein Vater im Auftrag des K?nigs unterwegs war. Heute habe ich dafür keine Zeit mehr, da ich ihn überallhin begleite.“

  ?Wie alt warst du damals?“, frage ich neugierig. Sylas bleibt stehen und betrachtet ein Gem?lde von zwei H?nden, die ineinander verschr?nkt sind – die eines Mannes und die einer Frau.

  ?Das letzte Mal habe ich mit 14 gemalt.“

  ?Zyar hat dich in so jungen Jahren allein gelassen?“, frage ich entsetzt. ?Er war doch bestimmt für ein paar Tage weg!“

  ?Das stimmt“, sagt Sylas und wirft l?chelnd einen letzten Blick auf das Gem?lde, bevor er weitergeht. ?Frau Str?mert, eine ?u?erst nette Dame im Dorf, hat in dieser Zeit auf mich aufgepasst. Mir hat es an nichts gefehlt.“

  Wie k?nnte ein Mann, der so viel positive Energie ausstrahlt, nicht vertrauenswürdig sein? Ist es Zyars Verhalten, das mich misstrauisch macht? Vielleicht sollte ich abwarten, bevor ich entscheide. Doch was würde eine Entscheidung bewirken? Ich kann das Dorf nicht einfach verlassen. Was würde mich drau?en erwarten? Ist diese neu gewonnene Freiheit nicht vielmehr eine unsichtbare Fessel, die mich weiterhin an Zyar und Sylas bindet? Ein Gef?ngnis ohne Mauern?

  Am besten sammle ich mehr Wissen über Elindros. Das Buch, das Zyar mir gab, sollte mir die n?tigen Informationen liefern – zumindest hoffe ich das. Aber wie viel davon wird der Wahrheit entsprechen? Kann ich Zyars Worten vertrauen, dass das Buch tats?chlich von meiner Mutter stammt?

  Die Wendeltreppe führt durch mehrere Stockwerke. Ohne das erste zu betreten, werfe ich einen flüchtigen Blick und sehe in der Ferne weitere Türen. Wie viele Zimmer brauchen zwei M?nner? Wir steigen weiter ins zweite Stockwerk hinauf, das wir betreten. Der Türrahmen ist aus dünnen, ineinander verwobenen Metalldr?hten gefertigt, auf denen bei genauem Hinsehen unbekannte Symbole eingraviert sind. Ich werde Sylas nicht danach fragen. Zwar interessieren sie mich, doch hierfür m?chte ich keine Zeit vergeuden.

  Er führt mich zu einer Tür, die wie jede andere aussieht, und drückt mir einen Schlüssel in die Hand. Ich betrachte ihn ungl?ubig und pr?ge mir das Gefühl des Materials tief ein.

  Das ist das erste Mal, dass mir ein eigenes Zimmer zur Verfügung gestellt wird und ich dessen Schlüssel behalten darf. Für viele mag das selbstverst?ndlich sein, doch für mich fühlt es sich an wie ein kostbares Geschenk – ein Symbol für Freiheit und Sicherheit zugleich. Sylas l?sst mir den Vortritt, und sofort empf?ngt mich ein intensiver Geruch. Instinktiv halte ich mir die Nase zu, und mein Gesichtsausdruck scheint ihm Sorge zu bereiten.

  ?Alles in Ordnung, Vespera?“ fragt er mit besorgtem Blick. ?Ist dir übel? Soll ich dir eine Suppe kochen? Sicherlich hast du in der Menschenwelt w?hrend der Feier wenig gegessen!“

  Ich schüttele den Kopf und erkl?re: ?Es ist nur der Geruch in diesem Raum. Er ist sehr intensiv.“

  ?Oh, das tut mir leid“, murmelt Sylas und f?hrt sich verlegen über den Nacken. Er ?ffnet das Fenster, um frische Luft hereinzulassen. ?Dieses Zimmer wurde lange nicht benutzt, und ich habe wohl beim Putzen übertrieben.“

  ?Du putzt selbst?“ frage ich überrascht. ?Im Palast war das immer die Aufgabe der Bediensteten – und es waren ausschlie?lich Frauen. Verzeih, ich m?chte nicht verw?hnt klingen, aber in der Menschenwelt wird diese Arbeit oft den Frauen zugeschrieben.“

  Er winkt ab. ?In Elindros ist das anders. Wir sind in dieser Hinsicht fortschrittlicher. Ich putze gern. Es hilft mir, meinen Kopf frei zu bekommen, und ich sch?tze es, in einem sauberen Umfeld zu leben.“

  Seine Worte lassen mich nachdenklich werden, doch mein Blick schweift bald durch das Zimmer. Ein prachtvoller Kamin an der Westwand sticht mir ins Auge. Das Besondere daran sind die tiefblauen Flammen, die an das unendliche Meer erinnern. Dieses Feuer, das vermutlich niemals erlischt, muss das Werk von Zyar sein. Die Flammen werfen ein sanftes, beinahe magisches Licht auf die W?nde und den dicken Teppich, der den Raum in eine warme, fast unwirkliche Atmosph?re taucht.

  Für einen Moment m?chte ich mich vor dieses hypnotische Blau legen, ein Kissen umarmen und einfach die Geschichten fühlen, die in der Luft zu schweben scheinen. Doch ich widerstehe der Versuchung.

  ?Diese Synnx... sie haben mir eine Haarstr?hne ausgerissen“, erinnere ich Sylas mit leiser Stimme. ?Wenn sie so gute F?hrtenleserinnen sind, sollte ich vielleicht nicht zu lange an einem Ort verweilen. Was, wenn sie mich hier finden?“

  Er sieht mich an, und seine Augen strahlen eine beruhigende W?rme aus. ?Hier bist du sicher“, sagt er mit Nachdruck. ?Mein Vater, ein Legat der Elemente, hat dafür gesorgt, dass diese Mauern dich schützen. Du kannst dich hier erholen und deine Freiheit genie?en.“

  Seine Worte klingen wie ein Versprechen, doch das Konzept der Freiheit innerhalb von Mauern bleibt mir fremd. Ich trete ans Fenster und betrachte das Dorf Solnya, das sich von hier oben gut überblicken l?sst. Die Bewohner fallen mir sofort auf – ihre leuchtend bunten Haarfarben sind eine faszinierende Eigenart. Ob sie ihre Haare f?rben? Vielleicht ist das hier üblich.

  Das Dorf Solnya erstreckt sich in einer friedvollen, beinahe m?rchenhaften Landschaft, umgeben von sanften Hügeln und uralten W?ldern, deren Bl?tter in schimmernden Farben glitzern, als würde die Kraft der Solniws sie beeinflussen. Die H?user von Solnya sind aus Holz und Stein erbaut, jedes ein Unikat mit kunstvollen Gravuren, die sich wie Ranken über die Fassaden ziehen. Die Fensterrahmen sind aus poliertem Holz, teils mit farbigen Eins?tzen, die im Licht schimmern. Die D?cher, gedeckt mit erdfarbenen oder leicht get?nten Schindeln, verleihen den Geb?uden eine m?rchenhafte Silhouette.

  Rankenpflanzen umschlingen Veranden und Anbauten, w?hrend Windspiele oder Glocken sanft in der Luft klingen. Jedes Detail der Bauweise spiegelt die Verbindung zur Natur und die Einzigartigkeit der Bewohner wider, wodurch das Dorf eine harmonische und einladende Atmosph?re ausstrahlt.

  Zwischen den H?usern verlaufen verschlungene, gepflasterte Wege, die von Laternen ges?umt sind.

  Die Dorfbewohner von Solnya sind ebenso au?ergew?hnlich. Ihre bunten Haare in Blau, Pink und Violett lassen sie fast wie lebendige Edelsteine wirken, die durch die Stra?en spazieren. Ihre Kleidung ist schlicht, aber durch ihre eleganten Muster wirkt sie dennoch edel. Einige tragen Umh?nge, die im Wind wehen, w?hrend andere mit leuchtenden Schmuckstücken aus Kristallen geschmückt sind. Es herrscht eine entspannte Atmosph?re, doch die gelegentlichen Blicke, die ich von ihnen auffange, verraten Neugier und vielleicht auch ein wenig Skepsis gegenüber mir, einer Fremden. Ob die Bewohner vor meiner Ankunft informiert wurden?

  Solnya ist wie ein Traum, der durch meine Flucht aus der Menschenwelt pl?tzlich greifbar geworden ist.

  ?Ein offenes Fenster h?tte geholfen, den Duft zu vertreiben“, sage ich mit einem schiefen L?cheln.

  Sylas schl?gt sich gegen die Stirn und lacht leise. ?Du hast recht. Das h?tte den Rosenduft sicherlich gemildert.“

  Er deutet auf eine Tür. ?Das Badezimmer ist dort. Du hattest einen langen Tag und musstest viele neue Informationen verarbeiten. Ruh dich aus. Sp?ter kannst du die Bibliothek besuchen. Mein Vater wird morgen mit deinem Training beginnen.“

  ?Training?“ wiederhole ich überrascht.

  ?Ja“, sagt er mit einem wissenden L?cheln. ?Um deine Kr?fte zu entfalten. Als Losniw hast du die Gabe, die Zeit zu beeinflussen – zumindest deine eigene. In dem Buch, das Zyar dir gegeben hat, findest du alles, was du wissen musst.“

  Nachdem Sylas den Raum verlassen hat, umf?ngt mich eine vertraute Stille. Sie tr?gt die Erinnerung an die letzten achtzehn Jahre meines Lebens – einsam und voller K?mpfe. Doch heute fühlt sie sich anders an. Fast wie ein Versprechen auf einen Neubeginn.

  Ich gehe ins Badezimmer, lasse das warme Wasser über meine Haut gleiten und spüre, wie die Last des Tages abf?llt. Danach setze ich mich ans Fenster, das Buch in der Hand, und betrachte die Kairon im Teich, die unermüdlich im Kreis schwimmen. Es ist ein seltsames Bild, das mich an meine eigene Reise erinnert – endlos und doch voller Geheimnisse.

  If you spot this narrative on Amazon, know that it has been stolen. Report the violation.

  Mit einem tiefen Atemzug schlage ich die erste Seite des Buches auf und beginne zu lesen. Ein neuer Abschnitt meines Lebens hat begonnen, und ich bin bereit, die Geheimnisse meiner Herkunft zu entdecken.

  Die Seiten dieses Buches sind nur für die Augen der Losniws bestimmt. Jene, die nicht zu uns geh?ren, wird unser Wissen verwehrt bleiben. Wir hei?en dich Willkommen, Losniw.

  Dieses Buch ist kein gew?hnliches – das habe ich geahnt, doch erst jetzt wird es mir unmissverst?ndlich klar. Wie konnte Zyar wissen, dass sein Inhalt mir mehr über die Losniws verraten würde? Meine Mutter muss ihm etwas darüber erz?hlt haben! Hat sie es ihm etwa anvertraut? Ein pl?tzlicher Gedanke durchzuckt mich wie ein Blitz: Wenn es von ihr stammt, dann h?tte Zyar es nicht besitzen dürfen. Dann w?re es... gestohlen.

  Schon die ersten Seiten flüstern Geheimnisse, die mich wie ein unsichtbares Netz umfangen. Das Buch wird zu einem Reisegef?hrten, der mich in die verborgene Welt der Losniws führt, wie ein Führer durch Schattenreiche, die nur darauf warten, mir ihre Wahrheit zu offenbaren.

  Die Gabe der Losniws ist ein Beweis unserer uralten Bindung zu Elindros. Wir sind eine der ersten Elindine, welche lange vor der Gründung durch Keldor Entium existiert haben.

  Erweiterte F?higkeiten der Losniws im Erinnerungsweben

  Ein überblick über fortgeschrittene Praktiken und theoretische Erweiterungen

  Die Gabe der Losniws, die Vergangenheit eines Ortes oder Gegenstands zu ?weben“ und dessen Erinnerungen sichtbar zu machen, ist eine der tiefgründigsten und symboltr?chtigsten Kr?fte Elindros’. über die blo?e Sichtbarmachung von Vergangenem hinaus er?ffnen sich für Losniws M?glichkeiten zur Weiterentwicklung ihrer F?higkeit, die weit über das Grundverst?ndnis hinausreichen. Im Folgenden werden acht fortgeschrittene Techniken und Konzepte vorgestellt, die geübten Losniws zur Verfügung stehen k?nnten:

  I.Mehrschichtige Erinnerungen und Verwebungen

  Losniws, die ihre Kunst perfektionieren, k?nnten nicht nur die jüngste Vergangenheit eines Ortes oder Gegenstands enthüllen, sondern lernen, zwischen verschiedenen Ebenen der Vergangenheit zu w?hlen. Fortgeschrittene Anwender k?nnten sowohl die letzten Stunden als auch die Jahrhunderte umfassende Geschichte eines Objekts betrachten. Diese F?higkeit erlaubt es ihnen, Ereignisse zu verweben und miteinander zu verknüpfen, sodass komplexe Zusammenh?nge und tiefere historische Einsichten gewonnen werden.

  II.Emotionale Resonanz

  Neben den visuellen Erinnerungen k?nnten erfahrene Losniws auch emotionale Schichten eines Ortes oder Gegenstands wahrnehmen. Manche Orte sind gepr?gt von intensiven Emotionen wie Freude, Trauer oder Wut. Indem sie diese Emotionen in ihren Erinnerungsgeweben erfassen, erhalten die Losniws einen vertiefenden Eindruck von den Geschehnissen und dem emotionalen Erbe eines Ortes, das oft verborgene Wahrheiten offenbart.

  III.Wechselwirkung zwischen Erinnerungen und Elementen

  Eine faszinierende M?glichkeit bietet die Verknüpfung von Erinnerungen mit Elementarmagie. Erinnerungen k?nnten so an bestimmte Elemente gebunden sein, dass ihre visuelle Pr?senz durch den Einsatz der Elemente der Solniws verst?rkt wird. Ein Losniw k?nnte mithilfe von Wasser die Erinnerungen eines Schiffswracks besser ?lesen“ oder durch Feuer rekonstruieren, was bei einem Brand geschah. Diese F?higkeit f?rdert eine intensive Verbindung zwischen der elementaren und der erinnernden Magie.

  IV.Tempor?re oder Partielle Manifestation der Vergangenheit

  Besonders begabte Losniws k?nnten Erinnerungen nicht nur als Gewebe sichtbar machen, sondern in der Realit?t kurzzeitig manifestieren. Dadurch k?nnen andere die Vergangenheit nicht nur sehen, sondern auch h?ren oder sogar fühlen. Diese Technik erlaubt es Losniws, bestimmte Details aus der Vergangenheit auf selektive Weise für Au?enstehende darzustellen, eine Technik, die bei der Untersuchung historischer Ereignisse oder für Ermittlungen von unsch?tzbarem Wert sein kann.

  V.Erinnerungen Beeinflussen oder Umschreiben

  Eine noch seltenere und anspruchsvollere Erweiterung dieser F?higkeit k?nnte das Beeinflussen oder gar Umschreiben bestehender Erinnerungen sein. Damit k?nnten Losniws bestimmte Erinnerungen ?verbergen“ oder auch neue Erinnerungen in das Gewebe einweben, die zuvor nicht existierten. Diese Macht, die Wahrnehmung der Vergangenheit zu manipulieren, birgt jedoch gro?e ethische und moralische Fragen und ist daher in Elindros verboten.

  VI.Energieverbrauch und Ersch?pfung

  Das Erinnerungsweben ist untrennbar mit der Lebenskraft der Losniws verbunden. Je weiter sie in die Vergangenheit blicken oder je detaillierter sie eine Erinnerung weben, desto gr??er ist die geistige und k?rperliche Ersch?pfung. Nur die erfahrensten Losniws k?nnen sich den Anforderungen der ?ltesten und intensivsten Erinnerungen stellen, und der Gebrauch dieser F?higkeit erfordert eine achtsame und bedachte Anwendung.

  VII.übertragung von Erinnerungen auf andere Personen

  Meisterhafte Losniws k?nnen ihre Erinnerungen anderen zug?nglich machen, indem sie diese direkt in eine Person oder einen Gegenstand übertragen. Dies erlaubt anderen, die Erinnerung so lebhaft zu erfahren, als w?ren sie selbst dabei gewesen. Diese Technik wird bei historischen Studien und Ermittlungen angewendet, k?nnte aber auch zur Schaffung starker, unvergesslicher Verbindungen zwischen den Beteiligten führen.

  VIII.Das Erinnerungsweben als Kunst und Ritual

  Die F?higkeit, Erinnerungen zu weben, besitzt in Elindros auch eine tiefgehende kulturelle Dimension. In Zeremonien und Ritualen k?nnten Losniws bedeutende Ereignisse kunstvoll weben, um die Geschichte zu bewahren und weiterzugeben. Sie werden so zu ?Hütern der Erinnerung“ und tragen das Wissen über vergangene Zeiten lebendig in die Gegenwart – eine Aufgabe, die mit gro?em Respekt und Würde in der Gesellschaft betrachtet wird.

  Die Losniws – Manipulanten durch und durch! All diese Hinweise führen zu nur einem Schluss: Es gibt keine andere Erkl?rung! Dass der K?nig ausgerechnet Velris Entium, nach allem, was sie getan hat, vergeben haben soll? Offensichtlich muss einer von ihnen ihre Erinnerungen manipuliert haben! Doch solche Macht wird nur den talentiertesten Losniws zugeschrieben. Hatte Velris jemals dieses Potenzial? Wahrscheinlich nicht. Aber wie viele Losniws w?ren n?tig, um ganz Elindros in diese Lüge zu verstricken? Was k?nnte den K?nig dazu bewegen, den M?rder von Keldor Entium zu begnadigen? Schlie?lich hat das K?nigreich mit ihm einen der m?chtigsten Beschützer verloren. Es muss einen tieferen Grund geben, etwas, das mir noch verborgen bleibt. Und dennoch – kann ich Zyars Worten vertrauen?

  Seit Jahrhunderten besitzen die Losniws den Sonatius Mortaeda. Und dank meiner Mutter trage ich diese Last nun. Aber wo ist das uralte Wesen jetzt? Wird es noch immer in Losnat in einem Gef?? gehalten? Oder wandert es frei in Elindros und wartet nur darauf, mir zu begegnen?

  Meine Gedanken kreisen ohne klaren Ausgang. Aber eines ist sicher: Die Wahrheit liegt in der Vergangenheit – und sie ruht in den H?nden von Eldralith. Wenn ich meine Kr?fte nur genug st?rke, k?nnte ich die Erinnerungen der Vergangenheit weben und sie erreichen! Wie passend, dass Zyar mit mir trainieren m?chte. Obwohl seine Beweggründe nicht ganz mit meinen übereinstimmen, werde ich einen Weg finden.

  Entschlossen lege ich mich in mein Bett, das Kissen weich unter meinem Kopf, die Decke schützend über mir. In der Menschenwelt war gerade Sommer, aber hier herrscht bereits die eisige K?lte des herannahenden Winters.

  Vor dem Schlaf versinke ich noch einmal in Gedanken. An den Mann, den ich einst Vater nannte, und der nun mit meinem Verschwinden leben muss. An Isilyn, meine Mutter, die mich diesem Schicksal überlassen hat, und an meinen leiblichen Vater, den ich nie kennenlernen durfte. Lebt er noch irgendwo in Elindros? Warum floh meine Mutter mit mir in die Menschenwelt? Und ist sie jemals zurückgekehrt? Seit meiner Ankunft in Elindros fehlt jede Spur von der geheimnisvollen Stimme, die mich einst geführt hatte. Ihre Führung war der Grund, warum ich im Nexari ankam. Doch seither hat sie sich nie wieder gezeigt.

  Die Stille der Nacht wiegt mich schlie?lich in den Schlaf. Am n?chsten Morgen weckt mich das leise Pl?tschern der Kairon. Ein neuer Tag bricht an. Zyar hat heute mit mir an meinen Kr?ften zu arbeiten geplant. Sicher will er prüfen, wie m?chtig die zukünftige Herrscherin von Elindros wirklich ist.

  Ohne Zeit zu verlieren, mache ich mich bereit und eile in das unterste Stockwerk. Doch niemand ist da. Wahrscheinlich sind sie bereits im Garten. Pl?tzlich h?re ich ein helles Pfeifen und drehe mich erschrocken um.

  ?Magst du etwas essen, bevor du mit deinem Training beginnst?“, fragt Sylas, ein L?cheln auf den Lippen. ?Ich habe eines der Menschengerichte ausprobiert. In D?mmerhain habe ich k?stliche Erdbeermarmelade ergattert. Ich h?rte, dass ihr das auf euer Brot schmiert.“

  ?Was hattest du in D?mmerhain verloren?“, frage ich erstaunt und nehme mir ein Stück Brot mit Marmelade. ?Das ist doch am anderen Ende von Velarion!“

  D?mmerhain, eine Stadt im Norden von Velarion, ist bekannt für ihre legend?ren D?mmerw?chter, die für ihr au?ergew?hnliches Bogenschie?en berühmt sind. Aber die Stadt ist auch für ihre k?stliche Marmelade bekannt, die in der Menschenwelt ein heimlicher Genuss für mich war. Doch ich habe diese Freude immer sorgf?ltig verborgen, aus Angst, die K?nigin k?nnte mir auch diesen kleinen Trost nehmen.

  Sylas nippt an seinem Getr?nk, das verd?chtig nach Kaffee aussieht. Aber hier, in Elindros, k?nnte es alles M?gliche sein...

  ?Mein Vater und ich mussten lange nach dir suchen“, gesteht Sylas mit einem Hauch von Ersch?pfung in der Stimme. ?In Elindros wusste niemand, dass die Tochter von Isilyn Entium zur Prinzessin der Menschenwelt geworden ist.“

  ?Woher wusstet ihr überhaupt, nach wem ihr suchen solltet?“, frage ich, neugierig.

  ?Mein Vater suchte nur nach dem Spiegelbild deiner Mutter, hoffte, dass du ihr ?hnlich sein würdest“, antwortet er und zuckt mit den Schultern. ?Wir waren zuerst in Lyndorn, dann am Frostfels, weiter nach Eisenfurt und schlie?lich in D?mmerhain. Als wir uns entschlossen hatten, dich im K?nigreich selbst zu suchen, erkannte mein Vater dich sofort. Er spürte dieselben Schwingungen, die er einst bei deiner Mutter empfand.“

  ?Die gleichen… Schwingungen?“, wiederhole ich, immer noch verwirrt.

  Bevor Sylas mehr erkl?ren kann, wird unser Gespr?ch abrupt unterbrochen. Ein lautes R?uspern dringt in die Stille. Zyar steht im Türrahmen der Terassentür, sein Blick ernst und entschlossen.

  ?Dein Blick sollte in die Zukunft gerichtet sein, nicht in die Vergangenheit“, sagt er ruhig und deutet mit dem Daumen über seine Schulter. ?Es wird Zeit, mit deinem Training zu beginnen.“

  ?Oh, entschuldige, wenn ich ein wenig deiner kostbaren Zeit beanspruche“, sage ich sp?ttisch und gehe auf ihn zu. ?Ich bin kaum ein paar Stunden hier und soll mich sofort dem Sonatius Mortaeda als Gef?? hingeben, um den Thron von Elindros zu besteigen. Denkst du nicht, ich habe das Recht, ein paar Antworten zu bekommen?“

  ?Nein“, antwortet Zyar kalt und ohne zu z?gern. ?Ich verstehe, dass alles neu und überw?ltigend für dich ist, aber wir haben keine Zeit für Zweifel.“

  ?Zyar, was ist dein eigentliches Ziel?“, frage ich leise, aber mit der Sch?rfe eines scharfen Schwertes. ?Warum willst du den K?nig stürzen?“

  ?Es ist nicht mein Wunsch, jemandem Leid zuzufügen, Vespera“, sagt er ruhig, aber ich spüre die Unaufrichtigkeit in seiner Stimme. ?Die Prophezeiung zeigt einen anderen Weg für Elindros.“

  ?Welche Prophezeiung?“, hake ich nach, meine Ungeduld nun deutlich.

  ?Die, die das Gleichgewicht in Elindros wiederherstellen soll“, entgegnet er, doch seine Antwort bleibt vage und verschlossen.

  ?Elindros ist im Gleichgewicht!“, widerspreche ich, meine Stimme nun ein wenig h?her vor Verwirrung. ?Die Kairon und Aetherion sorgen doch für Stabilit?t! Warum muss ich mich dann opfern und das Gef?? werden, wenn bereits für Ordnung gesorgt wird?“

  Zyar wirft mir einen prüfenden Blick zu. ?Glaubst du, dieser Zustand ist wirklich geeignet für Elindros?“, fragt er herausfordernd. ?Allein die Tatsache, dass wir so wenig über das Nexari wissen, bringt uns an den Rand der Unwissenheit. Das Problem beginnt genau dort.“

  Verwirrt starre ich ihn an. Was will er damit sagen? Dass wir nicht alles wissen, ist doch selbstverst?ndlich! Genau das macht das Leben doch so… lebendig. Versteht er nicht, dass er nie eine Welt des vollkommenen Friedens schaffen kann?

  ?Wie gedenkst du, all die Elindine, die K?nig Valron Feroy treu ergeben sind, von dieser Prophezeiung zu überzeugen?“, frage ich, die Worte fast nur flüsternd, w?hrend ich versuche, seine Absicht zu begreifen.

  Zyar klatscht einmal in die H?nde, als wolle er die Zweifel mit einem einzigen Schlag zerstreuen. ?Sobald der Sonatius Mortaeda dir seine Macht verleiht, wird ganz Elindros der neuen K?nigin folgen.“

  Ein flaues Gefühl zieht sich durch meinen Magen. ?Das fühlt sich… falsch an“, gebe ich zu, meine Worte kaum mehr als ein leises Gest?ndnis. ?Soll ich die Elindine zur Gehorsamkeit zwingen?“

  Zyar scheint meine Bedenken nicht wahrzunehmen. Er wirft mir einen kurzen, prüfenden Blick zu, dreht sich dann abrupt um und tritt durch die Tür in den Garten hinaus. Mit einem raschen Handzeichen über der Schulter deutet er mir an, ihm zu folgen.

  ?Das ist dein Schicksal, Vespera“, sagt Sylas leise hinter mir. Ich drehe mich um und sehe ihn entt?uscht an – er, mein Beschützer, der mir die Treue geschworen hat. ?Ich wei?, dass sich vieles falsch anfühlt, aber die derzeitige Lage in Elindros kann nur durch dich verbessert werden.“

  W?hrend ich Zyar schweigend folge, kreisen die Worte von Sylas unaufh?rlich in meinem Kopf. Das Astralis ist in meinem Besitz. Allein dieser Gedanke er?ffnet mir ein Netz an Fluchtwegen: Ich k?nnte zurück in die Menschenwelt reisen oder mich in eine andere Dimension retten, ein Leben führen fern von der Last dieser Prophezeiung, fern von Elindros. Ein Leben ohne Bürde. Doch dann erinnere ich mich an meine Entscheidung, Lord Louweris beinahe das Leben zu nehmen – und die Ahnung packt mich, dass es für mich, hier oder in irgendeiner fremden Welt, keine Ruhe mehr geben wird. Ich k?nnte mir selbst entkommen und dennoch… was, wenn ich dort einem neuen Schicksal entgegentrete, das mich am Ende mein Leben kostet? Nein. Der einzige Weg führt mich nach vorn, hier in Elindros, bis ich mehr über meine wahre Herkunft herausfinde. Die Wahrheit ist das einzige, was mir noch bleibt.

  ?Stell dich hierhin“, befiehlt Zyar schneidend und zeigt auf eine Markierung im Gras. Sein Blick l?sst keinen Widerspruch zu. ?Dein Training wird in mehreren Etappen stattfinden. Die n?chsten Tage werden alles von dir fordern. Ich habe viel über die Lehren der Losniw gelernt und werde dich bis an deine Grenzen treiben. Ein Versagen – das akzeptiere ich nicht.“

  Versagen. Das Wort hallt in mir nach, pocht wie ein Schlag gegen meinen Stolz. Ich soll die zukünftige K?nigin von Elindros sein, und er erlaubt sich, in einem Ton mit mir zu sprechen, der so wenig Respekt erkennen l?sst? Ich sehe auf den Punkt im Gras und spüre, wie Zweifel sich wie eine schwarze Wolke in mir ausbreitet. Wie sehr kann ich Zyar wirklich trauen?

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