?Ok, es reicht!“, donnerte es von unten, deutlich lauter, ?Du willst einfach nicht dein Maul halten? Gut. Ich bin in einer Minute oben und dann wische ich mit dir den Boden!“
Schnelle Schritte und dann das Aufsto?en einer Tür. Das Gesicht des Schülers, dessen Namen sie noch immer nicht kannte, wurde kreidebleich. Nach einigen wenigen Momenten packte er dann seine Tasche und rannte hinaus. Meta blieb allein, verwirrt und benommen sitzen. Würde sie jetzt die Wut des anderen abbekommen?
?Du Idiot! Das ist die einzige Treppe, die von der unteren Tür hier hoch führt!“, h?rte sie dann durch die langsam zufallende Tür, welche anschlie?end mit einem lauten Klacken zufiel und alle Ger?usche verstummen lie?. Ihr Ohr klingelte schlimmer. Sie nahm das Buch auf und sah sich die Seiten an. Sie waren nicht dreckig, aber geknickt. Tr?nen schossen ihr in die Augen und sie wusste nicht, ob es daran lag, dass sie Angst vor Adelle hatte oder ob sie sich selbst einfach nur bemitleidete. Sie war so entt?uscht. Wie schaffte Raffael es immer, dass die Menschen ihm zuh?rten, und wieso versagte sie dabei so?
Die Tür wurde aufgesto?en und sie hob den Blick, bereit, die n?chste Wut auszusitzen.
?Und nun zu dir“, sagte Halil, w?hrend er wütend hineinstampfte. Dann hielt er inne und sah sie stirnrunzelnd an, ?Um Himmels willen, sag mir nicht, du hast dem armen Spinner eine Abfuhr gegeben und er ist deswegen ausgerastet? Oh, siehe mich nicht so an“, sagte Halil und sie senkte den Blick wieder auf das Buch. Ein schweres Seufzen, dann entfernten sich seine Schritte nach links. Sie spickte wieder hinauf und sah, wie er den Verbandskasten ansteuerte und musste beinahe lachen. Das hier war nichts im Vergleich zu dem, was Gilgian durchstehen musste, um sie aus dem Haus zu bekommen. Es war auch nichts im Vergleich zu dem, was Etienne durchgestanden hatte. Etienne, welche Halil herausgefordert hatte. Ein Schauer ging ihr durch den K?rper. Wer auch immer die Person vorhin war, Halil war gef?hrlicher. Für den Moment war es ihr fast schon egal. Der Tag wurde schlimmer und schlimmer und wenn das so weiter gehen sollte, dann würde eher sie aussetzen, anstelle des Stücks.
Halil setzte sich wieder vor sie hin. Sie bemerkte aus dem Augenwinkel, wie er etwas in seiner Hand drückte und ihr dann auf das Buch hinwarf. Hastig nahm sie es von diesem hinunter und spürte die K?lte, welche sich in ihren Fingern ausbreitete. Ein Kühlpad. Die Beschriftung Ammoniumnitrat und ein Warnzeichen strahlten ihr entgegen.
?Dort hinhalten, wo es weh tut“, forderte Halil auf.
Sie folgte steif seiner Anweisung und presste den kalten Beutel gegen ihre Wange.
?Hm, die andere Seite sieht auch nicht besser aus. Das wird lustig werden, es Gilgian zu erkl?ren, was? Braad wird das nicht überleben. H?tte ich gewusst, dass er sich mit dir angelegt hat, dann h?tte ich ihn in Ruhe gelassen.“
?Erz?hl es Gilgian nicht“, sagte sie leise. Ihre Lippe tat weh. Wahrscheinlich hatte sie diese an der Treppenstufe aufgeschlagen. Aber es schien nichts zu bluten. Auch das Buch hatte nichts abbekommen. Es war so schnell gegangen, aber sie glaubte, er hatte es nach ihr geworfen, dabei wahrscheinlich seine St?rke untersch?tzt und was für ein Fliegengewicht sie war.
Halil prustete und sagte: ?Spiel nicht die einsame, traurige Heldin. Sag es ihm und du wirst den Spinner los.“
Wie er richtig gesagt hat, würde Gilgian sich ihn vornehmen. Braad war das? Sie hatte schon mal von ihm geh?rt. Aber haupts?chlich nur, dass er immer fehlte. Nun wurde sie sogar schon von jemandem überfallen, der nie da war. Wie war sie nur in die Situation hineingekommen? Und jetzt sa? Halil vor ihr. Was, wenn es genauso endete?
?Au?erdem glaube ich nicht, dass du das verbergen kannst. Wenn du dich nur sehen k?nntest… das sieht nach einer sch?nen Schwellung aus. Freue dich darauf, dass dich bald alle fragen werden, wo du sie herhast. Hier, legs auf die andere Seite.“
Sie tat, wie er sagte, fühlte sich l?cherlich, zwei Pads an beide Wangen zu halten. Sie hielt den Blick starr auf das Buch gerichtet. Halils Pr?senz machte ihr Angst. Sie hatte immer wieder von den Streitereien mit Anaki geh?rt, welche vor über einem halben Jahr angefangen haben. Manchmal hatte sie auch welche miterlebt. Halil war gnadenlos gewesen und war es scheinbar noch immer. Sie schielte wieder zu ihm hoch, sah seinen grimmigen Blick, welcher auf sie gerichtet war.
?Was ist?“, fragte er, ?Wieso werde ich angeschaut, wie ein tollwütiges Tier?“
Er merkte es sofort, als sie sich anspannte.
?Denkst du, ich will dich schlagen?“, fragte er weiter nach, Unglaube strahlte in seinen schilfgrüne Augen auf, ?Ich bitte dich, wieso sollte ich das tun?“
?Etienne wolltest du auch schlagen“, presste sie hervor, zwang sich ehrlich zu antworten, denn irgendwas in ihr warnte sie, dass es keine gute Idee war, zu schweigen oder zu lügen.
Er lachte laut los. ?Ja, dieser kleine Teufel hat sich aber auch mir in den Weg gestellt. Das macht niemand, der noch bei Verstand ist, also wird sie schon was drauf gehabt haben, was sich als wahr erwiesen hat. Und ich habe dabei sogar noch was gelernt. Du hingegen… Was soll ich bei dir lernen? Ich muss nur einmal pusten und du fliegst davon.“
The tale has been illicitly lifted; should you spot it on Amazon, report the violation.
Ihr war nicht g?nzlich bewusst, ob sie darauf mit Beleidigtsein oder mit Dankbarkeit reagieren sollte. Sie entschied sich für die Dankbarkeit. Dafür, dass er sie für so harmlos hielt, dass er sie in Ruhe lie?.
?Was nicht bedeutet, dass du nicht dumm oder unfassbar mutig bist. Was glaubst du eigentlich, was passiert, wenn du dich mit einem Riesen wie Braad anlegst?“
?Ich habe mich nicht mit ihm angelegt“, sagte sie schwach, ?Ich habe nur versucht, ein Missverst?ndnis aufzukl?ren.“
?Welches Missverst?ndnis? Sag das n?chste Mal einfach brav Ja überrede ihn den Standort in die ?ffentlichkeit zu wechseln und gehe zu Gilgian. Sitze nicht allein mit ihm hier oben.“
?Es reicht!“, sagte sie aufgebracht, nahe den Tr?nen, ?ich brauche keine Belehrungen. Er hat seine Gründe, wieso er hier oben war. Ich wollte nur herausfinden, welche das waren und das mit ihm aussprechen. Man kann sich mit allen aussprechen, wenn man es nur will. Bestimmt-“, sie biss sich auf die Lippe.
Bestimmt h?tten wir es geschafft, uns auszusprechen. Meta wollte daran glauben. Genau daran. Aber es fühlte sich an, als w?re es ein naiver Glaube. Aber es war alles, was sie hatte. Es war das, was sie als Person ausmacht, alles Gute, was in ihr übrig war. Sie wollte es nicht verlieren, denn das Einzige, was ihr danach entgegen starren würde, w?re ihre Herkunft als die Tochter ihres Vaters. Ihr Vater, von dem sie hoffte, dass wenigstens seine Motive für seine furchtbaren Taten einen anderen Ursprung als B?swilligkeit hatten.
Halil sah sie mit erhobenen Brauen an. ?Dafür, dass du so Angst hast, dass ich dich schlage, bist du ganz sch?n vorlaut.“
Erneut senkte sie den Blick, biss sich aber frustriert auf die Unterlippe, was mit Schmerz quittiert wurde. Der Frust war zum ersten Mal durchgebrochen und Meta hatte noch mehr Angst. Noch mehr Angst, dass ihr sorgf?ltig aufgebauter Damm Risse bekommen hat, welche sie nicht schnell genug flicken konnte. Ihr war nach Weinen zumute und nach Schreien.
?Glaubst du eigentlich wirklich, was du von dir gibst? H?rt sich wie das Gebrabbel einer Verrückten an.“
Meta konnte sich nicht davon abhalten, wütend zu ihm hinaufzuschielen. Fragend hob er die Braue, ?Was? So h?rt sich das an. Wer gibt sich denn bitte so viel Mühe, wenn er die ganze Zeit über angeschrien wird? Der Kerl spinnt und du willst mit ihm reden? Ich h?tte schon l?ngst die Geduld verloren, aber ich bin auch nicht dafür bekannt, geduldig zu sein.“
?Er hat nur etwas missverstanden.“
Halil verdrehte die Augen. ?Ja natürlich. Wie soll man etwas so sehr falsch verstehen, dass man zuschl?gt, hm?“
?Woher willst du das wissen?“, fragte sie, eher sie sich zurückhalten konnte, ?Immerhin hast du auch schnell deine F?uste parat.“
Sein Blick verdüsterte sich schlagartig, ?Und was willst du damit andeuten?“
Stur sah sie ihm in die Augen. Es fühlte sich schlimmer an als sonst. Dass er sie genau da angriff, wo es ihr am wichtigsten war, lie? sie mutiger werden, als sie es sich erlauben durfte. Aber eine Schelle von ihm zu kassieren, war ihr lieber, als ihre aufrichtigste Wahrheit zu verraten.
?Was, auf einmal nicht mehr so vorlaut?“, fragte er sie herausfordernd. Seine Nasenflügel bl?hten sich auf. Meta schwieg, als er sich bedrohlich zu ihr herüber lehnte.
?Was denkst du, würdest du auch ein Missverst?ndnis mit mir kl?ren k?nnen?“
Ihr Herz setzte aus. Sie wollte nicht. Aber wie konnte sie Nein sagen, wenn es genau das war, was sie so ernst nahm.
Halil schien es aufzufallen. Sein grimmiger Blick verwandelte sich in ein Grinsen. ?Na? Würdest du? Sag doch mal. Oder noch besser zeig es mir. Nur zu.“
?Ich…“, sie z?gerte, ?Haben wir denn eins?“
Er schnaubte. Sah sie einen Moment still an.
?Ich glaube, ich habe soeben eine richtig gute Idee bekommen“, sagte er.
?Ah ja?“, fragte sie angespannt.
?Mhm. Ich muss meinen Wetteinsatz noch einl?sen und ich zerbreche mir die ganze Zeit den Kopf darüber, wie ich das bewerkstelligen soll. Sobald ich diesen Mistkerl sehe, würde ich ihn am liebsten verprügeln. Also. Du hilfst mir, mich wieder mit dem Mistkerl zu vertragen, und ich sorge dafür, dass der andere Idiot sich von dir fernh?lt, ohne Gilgian davon zu erz?hlen. Abgemacht? Sehr gut. Vielen Dank.“
Er nahm einen ihrer Finger zwischen seine, welche deutlich w?rmer waren, als die K?lte von den Pads, simulierte ein H?ndeschütteln und stand auf.
Meta sah ihm erschrocken hinter. ?Warte- Was bedeutet das?“
Er ignorierte ihre Frage. ?Ah komm, so wie du und Etienne miteinander herumh?ngt, wei?t du es bestimmt schon. Lass uns das morgen genauer besprechen, ja? überlege dir bis dahin was.“
Er ging. Und sie blieb zurück, mit Verwirrung und dem Gedanken, dass sie mal wieder nicht wusste, wie sie in die Situation gekommen war. Woher kam das Aufeinanderh?ngen mit Etienne überhaupt her? Was sollte sie wissen? Verwirrt stand sie auf und rannte zu ihrem geliebten Versteck.